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2 Ergebnisse:

boosseln

Fundstelle: Band 1 (A-E), Spalte 436
Anzeige der Originalseite im Wörterbuch
(Link zur Universitätsbibliothek der Universität zu Kiel)

'boosseln' bei SASS nachschlagen

Wortart: schwaches Verb

Übersetzung/Bedeutung 1

Wortart: trans

Hochdeutsch: rollen

Allgemeine Anwendung

💬 den Löper na de Kuul rin-boosseln

ℹ beim Marmelspiel

Übersetzung/Bedeutung 2

Wortart: intrans

Hochdeutsch: kollern

Allgemeine Anwendung

💬 de Tranen boosseln ehr de Backen dal

ℹ Auch:

Hochdeutsch: sich wälzen

Allgemeine Anwendung

💬 de is so rund, de kann boosseln

ℹ von einem Dickwanst

⟶ Nachweis: Angeln

Boosseln

Fundstelle: Band 1 (A-E), Spalte 436
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'boosseln' bei SASS nachschlagen

Geschlecht: n

Hochdeutsch: das Werfen mit einer Kugel

Erläuterung

Boosseln wurde früher das „Kegeln" genannt, jetzt fast nur noch scherzweise; auch das Werfen mit einer kreisrunden Scheibe („Diskuswerfen") heißt Boosseln

⟶ Nachweis: Fürstentum Lübeck

⟶ Nachweis: Land Oldenburg

Erläuterung

ℹ Besonders aber dient Boosseln oder Ies-Boosseln zur Bezeichnung eines jetzt sportmäßig betriebenen Wettspieles, das bei starkem Frost in den Elbm. Dtm. Eid. Pellw. und in den an die Marschen grenzenden Geestdistrikten geübt wird; der ältere Name für dieses Spiel ist Klootscheten und Trillspeel


ℹ Die Herausforderung zum Boosselkampf geschieht in der Weise, daß ein Dorf oder Kirchspiel dem anderen einen Boossel übersendet, der im Wirtshaus abgegeben oder dort unter der Decke aufgehängt wird; wird der Boossel angenommen oder herabgerissen, so bedeutet das die Annahme der Herausforderung. Dann werden die Bedingungen vereinbart: das Gewicht der Boossels beider Parteien muß übereinstimmen; die Parteien müssen gleich stark sein (oft sind es über 100 Mitspieler, darunter zuweilen auch Mädchen, deren je zwei für einen Mann zählen); jeder einzelne Werfer (Smieter) bekommt seine Nummer, wobei man so verfährt, daß immer zwei gleichstarke Werfer der Parteien die gleiche Nummer haben. Die „Beamten" werden gewählt; der Ratmann oder Lehnsmann hat die Oberaufsicht; je ein Oproper oder Rollleeser ruft die Namen der jenigen von der Gegenpartei auf, die an der Reihe sind; je ein Kreetler oder Wegwieser wacht darüber, daß alles ordnungsgemäß zugeht; die beiden Schiedsrichter entscheiden in strittigen Fällen; der Legger oder Stöcklegger bezeichnet durch Hinlegen eines Stockes die Stelle, von der der Werfer abzuwerfen hat (s. unten); der Boosselwischer muß nach jedem Wurf den Boossel trocknen. Anfang und Ende der Wurfbahn werden festgesetzt; die Strecke, die durchboosselt werden muß, ist oft 1/2 bis 3/4 Meilen lang. An einem Tage, an dem die Gräben mit einer dicken Eisschicht bedeckt sind, kommt der Wettkampf zum Austrag. Es wirft zunächst Nr. 1 der geforderten Partei, dann Nr. 1 der Gegenpartei, darauf Nr. 2 der geforderten Partei usw. Die Art des Wurfes ist verschieden ; mit dem Handhoossel wirft man meist ünner de Rand (man hält die Kugel in Kopfhöhe und stößt sie mit einem Ruck ab); mit dem Scheethoossel wird gewöhnlich baben de Rand geworfen (die Kugel wird mit drei Fingern umspannt, mit gekrümmtem Arm hinter den Rücken gezogen und dann unter Strecken des Arms und der Hand mit kurzem Ruck abgestoßen; diese Wurfart heißt scheten); der Scheetboossel wird jedoch auch mit Kreisschwingung des Arms um die Achselhöhle geschleudert (s. schunken). Die Schwungkraft der Kugel wird durch Umdrehen des Werfers um seine eigene Achse oder durch einen Sprung vorwärts (siehe gribben) vergrößert. Weicht die Wurflinie des einzelnen Werfers von der eigentlichen Wurfbahn ab, so wird das vom Kreetler beanstandet:

💬 de Smieter hett bleiert

ℹ ... oder:

💬 ... het'n Bleier smeeten

siehe: bleiern


ℹ Die Wurfweite vom Abstoßen bis zum Aufschlagen des Boossels beträgt im Mittel 40 bis 50 m, doch sind mit dem Scheetboossel Leistungen bis zu 120 m erreicht. Beim sportmäßigen Boosseln wird meist auf „Flüchten" geworfen, d. h. als Wurfleistung zählt die Strecke vom Standort des Werfers bis zum Aufschlagen der Kugel


💬 he kann wied flüchten

Hochdeutsch: er kann weit werfen


ℹ In der Regel wird aber auf „Trünneln" geboosselt, d. h. als Wurfleistung gilt die Strecke vom Standort des Werfers bis zu der Stelle, an der die Kugel liegen bleibt; bei sehr hartem und glattem Boden trünnelt der Boossel oft noch eine weite Strecke vorwärts, sodaß bei dieser Art des Boosselns ein schwacher Werfer unter Umständen eine größere Leistung erzielt als ein ihm im „Flüchten" weit überlegener Werfer. Die Stelle, an der der Boossel aufschlägt bzw. zur Ruhe kommt, wird von dem Stocklegger durch Hinlegen eines Stockes bezeichnet, auf den der nächste Werfer der Partei beim Abstoßen tritt


ℹ Der Wurf bzw. die Wurfleistung des einzelnen heißt:

💬 en Schott

💬 (he steit vör'n Schott)

Hochdeutsch: (ist im Begriff zu werfen)

ℹ Kommt eine Partei in Vorteil, so stickt (hett) se en Schott op (Schott-op), wird sie wieder überflügelt, so rückt se dat Schott ut. Überholt sie wiederum die Gegenpartei um 3 Würfe, so hett se dree Schott (Schööt) op (opsteeken) „erspart"; dann kann sie einen oder mehr Werfer überschlagen, die an beliebiger Stelle ihren Wurf nachholen können, jedoch nicht bei den drei letzten Würfen vor dem Endziel (Maal). Das Mal ist ein Haus oder eine durch Stöcke bezeichnete Linie; wirft die siegreiche Partei noch über das Mal hinaus, so nennt man diesen Vorsprung en Kiekut. Zuweilen genügt ein einmaliges Durchboosseln der Strecke nicht, und man boosselt nochmals vom Mal zum Ausgangspunkt zurück, und dann kommt es vor, daß die Entscheidung auf den anderen Tag verschoben werden muß. Oft fordert die besiegte Partei zur Wiederholung des Kampfes heraus, sodaß bei günstiger Witterung in einem Winter 2 oder 3 Spiele ausgetragen werden können. Die siegreiche Partei feuert Freudenschüsse ab und muß bei dem nachfolgenden Boosselbeer ganz oder teilweise freigehalten werden


ℹ Die Boossels werden außerhalb der Spielzeit gern unter die Decke des Tanzsaales gehängt


ℹ Zuweilen werden nach dem Boosseln allerlei Herkulestöög („Kraftproben") ausgeführt wie Katthalsen und Optrecken. Nicht selten führen die Hänseleien der Sieger:

💬 (ji künnt boosseln as'n dode Heen

⟶ Nachweis: Wilstermarsch

siehe: Aal


Quelle: Sch. 1, 132. 2, 202

Quelle: Jb. f. Ldk. 5, 155

Quelle: Nd. Jb. 10, 52

Quelle: Heim. 12, 58

Quelle: Jahrb. d. Ver. f. Jugendspiele seit 1898 fast in jedem Jahrgang


Erläuterung


ℹ Als scherzhafte Kurzweil wurde das Boosseln früher ohne die festen Spielregeln betrieben, indem einzelne Familien sich gegenseitig herausforderten oder indem die Frauen gegen die Männer boosselten


ℹ Eine besondere Abart war das „achter'n Abend boosseln", das am Fastnachtmontag stattfand: die Parteien bestanden aus Männern und Frauen; man begann bei dem Ofen des Gastzimmers eines Wirtshauses, boosselte durch die Tür auf den Hausflur und über die Straße zu einer zweiten (gegebenenfalls auch zu einer dritten und vierten) Wirtschaft und schließlich zum Ausgangspunkt zurück; in jeder Wirtschaft wurde ein Glas Eierbier (siehe Flips) getrunken; die verlierende Partei mußte die Zeche bezahlen, während zerbrochene Fensterscheiben gemeinschaftlich ersetzt wurden; nach Beendigung des Spiels, bei dem es auch Kreetler, Rollleeser und Stocklegger gab, wurde getanzt

⟶ Nachweis: Eiderstedt


ℹ Noch weiter zurück liegt die am Fastnachtmontag geübte Sitte, einen Hahn aus der Tonne zu boosseln

⟶ Nachweis: Eiderstedt


Allgemeine Anwendung


💬 wenn de Düwel boosseln will, find he wol en Steen

⟶ Nachweis: Ostholstein


ℹ Nachbarreim:

💬 ik heff'n Klütjen op't Teller, seggt Toms Meller, dor wollt wi mit boosseln, seggt Hans Osten

⟶ Nachweis: Wilstermarsch

Jahresangabe: 1860