4.9 Übertreibung

Bildliche Ausdrücke werden im Plattdeutschen gern über das natürliche Maß hinaus übertriebenden und damit zu unmöglichen Vergleichen. Diese Übertreibungen (Hyperbeln) zwingen durch ihre Unmöglichkeit den Hörer oder Leser zu erhöhter Aufmerksamkeit:

He hett en Mund as en Schüündör, he kann Hei ut de Luuk freeten

Wenn du so lang as dumm weerst, denn kunnst du ut de Dackrönn supen un den Maand küssen

He is so lang as Laverenz sin Kind, dat meet söben Eel twüschen Kopp un Schüller, dat weer söben Eel länger as de Weeg, dat wörr dreemal dörsneeden un kunn doch ni dör de Karkendör

Se is so dumm as dat ünnerst Enn von’n Kohsteert

He is so mager as en holten Brett

Se hett en Geweeten, dar kann en Föhr Hei mit veer Peer in ümwennen

Ik stek di in de Westentasch, denn heff ik noch nix in de Rocktasch!

He süppt as en Sprütt

Se weent Tranen as Gelwötteln

Trina ween noch ümmer as en Dackrönn (F. 2, 188)1

Du rittst jo dat Muul apen, dat man dor’n hirschleddern Büx in spölen kunn (F. 2, 136)1

He kann sik krelln as’n eken Stubben (P. V. 12, 15)2

Hest mi verstahn, fragt de Vaagt, Du schast din Knaken ünner’n Arm nehmen un ehr na Huus dregen, dat dor keen twei gaht (P. V. 12, 32)2

Dormit geiht he aff as de Melkhüker, de sin drütt Been söcht (P. V. 12, 40)2

De Vaagt kriggt je ´n Schreck as’n Föhr Heu (P. V. 12, 43)2

Eine besondere Art der Übertreibung ist der Ausdruck der Naturunmöglichkeit, der gerne verwendet wird, wenn man zu verstehen geben will, dass etwas niemals stattfinden wird oder stattgefunden hat:

Dat weer wull Anno dotomalen, as de Maikäfers noch Krempsteveln drogen?

Dat weer so twischen Wiehnachen un Eckernför, as dat to Niejohr Ostereier geef

Dat weer üm de Tiet von dörteinhunnert un Kruuk, as de Brannwien in de Tüüt haalt wörr, as man mit Kantüffeln üm de Eck schööt

Anno een, as de Postsee brenn

Dat kümmt op lüttje Nümmersdag, wenn de Kalver op’t Ies danst

Pingsten üm de Iestiet

Pingsmaandag, wenn de Bock op’t Ies lammt

He fraagt de Fehrkoh en Kalf af

(ursprünglich Abschnitt 76 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Band 2 
  2. Plattdütsche Volksböker, Garding 1914 ff., Band 12