2.12 Nominativ und Akkusativ

Im Altsächsischen waren bei der Deklination der Hauptwörter fünf Fälle möglich. Infolge der lautlichen Veränderungen ist ihre Zahl im heutigen Plattdeutsch auf zwei zurückgegangen. Nur der erste Fall (Nominativ) und der vierte Fall (Akkusativ) sind noch lebendig geblieben und der vierte Fall in der Form auch nur zum Teil in der Einzahl der schwach deklinierten männlichen Hauptwörter:

de Oss, den Ossen
den groot’n Boom
hest du den Mann sehn?
Meenst du den dor?

Das gilt in Schleswig-Holstein nur für Holstein. Im Landesteil Schleswig sind nördlich einer Linie Schleswig–Friedrichstadt auch hier der erste und vierte Fall zusammengefallen, und die beiden Gebiete sind durch eine scharfe Sprachgrenze geschieden:

[Holstein, Schleswig]
den grot’n Kerl, de grote Kerl
den hogen Barg dor, de dore hoge Barg

Nur vereinzelt ist bei der Wechselbeziehung der beiden Fälle die Endung -en des vierten auf den ersten Fall übertragen worden. Es bestehen dann zumeist eine endungslose und eine durch -en erweiterte Nominativform (erster Fall) nebeneinander:

hochdeutsch mittelniederdeutsch plattdeutsch
Friede vrede Freed, Freeden
Gerste gerste, garste, gaß Gaß, Gassen
Glaube gelöve, gelöf Gloov, Globen
Hafer haver(e) Haver, Havern
Knoten knutte Knutt/Knütt, Knutten/Knütten
Lappen lappe Lapp, Lappen
Roggen rogge Rogg, Rogg’n
Zacken tacke Tack, Tacken
Weizen wête, weite Weet, Weten

(ursprünglich Abschnitt 40 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)