2.16 Kürze des Aussagewortes

Die plattdeutsche Sprache zeigt ihre Beweglichkeit auch darin, dass sie Adverbien, Präpositionen und Interjektionen als Aussagewörter (Prädikatsnomina, Prädikative) verwenden kann. Den Wörtern wird die Natur von Eigenschaftswörtern (Adjektiven) gegeben:

He is ut
He is ni in
Dat is op un ut, all un op, op un af
Dat ward mi öwer
Dat is ni todeegen
De Pott is af
Dat is mi jüst mit
Ik kann dor ni ahn to
De Boss is rein op
Wenn he hott will, will se hü
Se weer baff
Dat Geld is heidi, futsch, hops

Stehen die Adverbien als Attribut, so können sie durch Anfügung von Endungen gebeugt werden:

de toe Döör (Missingsch: die zue Tür; deutsch: die geschlossene Tür)
de twei’n Steeweln (die kaputten Stiefel)
de barten Been
denn kloppt he dat toi Peerd up’n Schinken (P. V. 12, 21)1
Achter de tweie Ruut seet de ool gries’ Kater (Lau, K. 114)2

Ist das Aussagewort ein Hauptwort, kann es durch von mit dem Subjekt zu einem Begriff verbunden werden. Für „de Jung is en Slüngel, ik hool em för’n Slüngel“ sagt man: „Dat is’n Slüngel von Jung“. Diese Ausdrucksform ist im Plattdeutschen sehr beliebt:

en Donner von Jung
so’n Galgenstrick von Jung (Tr., A. 7)3
en lüttjen Krabater von Jung (P. V. 18, 14)4
de ol nääswiese Jung von Heine Hein (Schü. 28)5
ehrn lütten Stackel von Jung (F., Ettgrön 184)6
en Popp von Diern (M., T. 7)7
de Rackers von Dierns (M., T. 13)7
dat lüttje Kröt von Diern (M., T. 7)7
sien Gottsbloom von Diern (M., T. 52)7
dat lüttj Worm von Geer (M., T. 16)7
en Zuckerpummel von Geer (M., T. 49)7
ehr Göör von Kind (M., T. 13)7
de Olsch von Huushöllersch (P. V. 18, 13)4
dat is en Schuppen von Kerl
en Bar von Kerl
en Hund von Kerl
so’n Satan von Kerl (F. 2, 301)8
dat is en Slöks von Kerl
Sleef von Kierl (Tr., A. 21)3
Schubjack von Kierl (Tr., A. 37)3
en Hoop van Kerl (Sch. 2, 156)9 (ein kleiner Kerl)
en Dicksteert vun Kerl (Gr. 3, 92)10
en Stück Ledder vun Minsch (Sch. 3, 17)11
en Windjack von Glaser (Gr. 3, 82)10
de Spitzboov von Kröger (P. V. 18, 23)4
den groten Spitzboven von Bonapart (M., T. 15)7
sien Daugenix von Knecht (F. 2,187)8
dat is’n wohren Hund von Peerd, sä de Jung, do reed he op de Katt
sien Köter von Hund (Lau, K. 118)2
en groten Slub vun Keedenhund (Tr. A. 66)3
de oolen wilden Kracken von Peer (M., T. 74)7
ehr lüttjen Stiepers von Been (M., T. 21)7
de trurigen Stümp un Stummeln von Tehn (F. 2, 184)8
en lütt dumpi Kabüff von Stuuv (F. 2, 235)8
en Allerdüwelsdingschen von Knix (M., T. 7)7
dat eerst best Stück Dings von Bessenstöhl (M., T. 13)7
en poor Fahns von Kleder (Schü. 13)5
de ool Kalesch von Kinnerwagen (Schü. 99)5

(ursprünglich Abschnitt 44 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Plattdütsche Volksböker, Garding 1914 ff.: Band 12 
  2. Fritz Lau, Katenlüd, Garding 1910 
  3. Paul Trede, Abel, Garding 1880 
  4. Plattdütsche Volksböker, Garding 1914 ff.: Band 18 
  5. Anna Schütze, Mamsell, Quickborn-Bücher, Bd. 22/23 
  6. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Ettgrön 
  7. Mähl, Tater-Mariken, Altona 1869 
  8. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Band 2 
  9. Schütze, Holsteinisches Idiotikon, Altona 1800/06: Band 2 
  10. Groth, Gesammelte Werke, Kiel 1893 (Unveränderte Nachdrucke 1898, 1909, 1913, 1918, 1920): Band 3 
  11. Schütze, Holsteinisches Idiotikon, Altona 1800/06: Band 3