3.12 Doppelte und bildliche Verneinung

Damit die Verneinung deutlich ins Gewicht fĂ€llt, wird sie nachdrĂŒcklich wiederholt, indem man hinter keen, nix oder andern Verneinungsformen noch ein nich oder nix hinzusetzt. Eine doppelte Verneinung bedeutet also eine verstĂ€rkte, ausdrĂŒcklich betonte Verneinung:

Mien ganze Hof, op den ik nix nich schĂŒllig bĂŒn (F. 4, 53)1
Dor woor ok nĂŒms intrecken, för keen Geld nich (F. 3,316)2
Keen Verlaten weer op nix (Gr. 3, 301)3
Se harr gor keen Rauh nich (Tr., L. E. 51)4
Nu is dor nix nich mehr von na (P. V. 18, 7)5
He hett keen Roh nich un keen Rast un kenen Freden nich (P. V. 18, 9)5
Kannst du dien Sorgen nĂŒmmer ni vergĂŒten (Lau, K. 109)6
Hett keen Minsch de Piep nich sehn? (Fock, H. J. 50)7
Wat is dat boben still inne Döns, Mudder, keen Klock un keen nix (ebd. 65)7

Aber mit dieser Verdoppelung und dem Wort „nich“ enden die Möglichkeiten der VerstĂ€rkung noch nicht. Das hĂ€ufige Anwenden von nich, keen oder nix lĂ€sst dessen Bedeutung verblassen. Es können dann andere Wendungen oder Umschreibungen gebraucht werden.

So wird die Verneinung oft dadurch verstÀrkt, dass der Name eines wertlosen Gegenstandes hinzutritt:

Aver wi – wi sĂŒnd keen Koorn bang (Tr., B. L. 23)

Dat is keen …
… beeten weert
… keen’ Deut
… keen’ Happen
… keen lumpige Luus
… keen Piep Tobak
… keen’ Kattensteert
… nich en PrĂŒntjer
… nich en Haverkaff

Ik heff dor nich en Fitschen von behooln …
… nich en Spier
… nich en Fees
… keen’ Finsel
… keen Klatt
… keen’ Stippel

Se hett keenen roden Penning op de Naht …
… keen Stroh in de Steeveln
… keen BĂŒx över de Been

He seggt keenen Piep … gĂŒnnt een’ nich dat Swatte ĂŒnner ’n Nagel
Du gönnst mi ok nich dat Witt in’t Oog (F. 3, 57)
Dor weer uk nich en Prick vun en Wolk anne Himmel to sehn (J. A. 19)

Sehr hÀufig wird der verneinende Begriff in zwei Teilen gegeben:

Dat is ni half un ni heel …
… ni een un ni anner
… ni Buuk noch Been
… ni Stegg un ni Steegelsch
… ni Jitt oder Jiller

Dat hett ni Schick un Klick …
… nich Kopp un Noors
… keen Buuk un keen Back

He hett nich Koh noch Kalf …
… nich Kisten noch Kasten
… nich Bett noch BĂŒlster
… nich Kind noch KĂŒken
… nich Koorn oder Krööm
… keen Licht un keen LĂŒcht
… keen Duld un DĂŒĂŒr
… ni Natt un ni Dröög
… ni Pott un ni Pann
… nix as Schiet un Schulln
… nix as Scheev un Schinn
… nix to breeken un to bieten
… nix op de Naht un nix in de PlĂŒnn

Se seggt ni ja un ni nee …
… ni ba un bu
… ni piep un puup
… ni swatt un witt

He kennt ni Bibel un Gesangbook …
… nich Koh noch Kalf

Se weet nix von Klock und Klang …
… vun Hott noch von Ho
… vun Dag un Döör
… von Kieks un vun Kaks

He kĂŒmmt nich von Pahl un Penn …
… geiht nich to Kark noch to Mark
… schoont nich Ostern un Pingsen
… nich SĂŒnndag un Warkeldag

De Fru mag nich saden un braden …
… weet nich to geeben un to nahmen

Dor röögt sik nich en Flier un Spier
Dor wasst nich Heu noch Haver
Dor bleef nich Stock un Steel von na

Sehr hÀufig findet sich auch eine lÀngere Umschreibung der Verneinung in bejahender Form:

Sin Eeten is vör de Katt
He is en fixen Schietkerl sien Halfbroder
Fixen Kerl an de SprĂŒtt, wenn dat FĂŒĂŒr ut is
Du bĂŒst ’n Held in de Boddermelk, wenn de KlĂŒmp herut sĂŒnd
Du schast ok mal mit, wenn wi narms hen wĂŒllt
Du schast mit na Pudel sien Hochtiet
Du schast mitföhrn op Hansblieftohus sien Wagen
He is ĂŒmmer flietig, he hett in veer Weken al tein LĂŒĂŒs fungen
Dat will ik mit swart Kried an’n Keetelhaken schrieben

Vielfach wird diese Art der Verneinung in die Form eines scherzhaften Vergleiches gekleidet. Die Verneinung kommt in bejahender Form und in dem Gegensatz zum Ausdruck, der zwischen dem Begriff der Satzaussagen und dem Gegenstand des Vergleichs liegt:

He is so fett as en Predigtstohl
Dat is so kloor as dicken Kaffee
Se is so witt as en seept Kreih
He is so slank as en Bessenstööl, de dreemal inknickt is
Dat is so scharp as en Putzmesserstööl
Se is so graad as en krumm Licht
He is so ielig as en Sliepsteen, de in söben Johr ni smeert is
Se is so tru as de Luus op‘n Kopp
He is so flink as en Sack voll Steen …
… as en Vagel, de Koh heet
Se is so smiedig as en Dörnsticken
He is so oprichtig as en Kohsteert
Se hett soveel Verstand as en dreebeenten Bock
He hett soveel Geld as de Poch Hoor
Se hett dat rut as de Oss dat Musen
Dat steiht em an, as den Kater dat Heifreeten
Se kann swömmen as en Sack vull Steen
He weet dor soveel af as de Kreih von’n SĂŒnndag
Se slöppt as de Deef in’n Peerstall
He sĂŒht em so liek as de Koh den Aantvagel
Dat geiht so liek as de Weg na Bremen
Se sĂŒnd sik so enig as en Pott voll MĂŒĂŒs
Se kĂŒnnt dicht hooln as en Saatseev
Dat lĂŒcht as en swart Kalf in’n DĂŒĂŒstern
Dat versleit jĂŒst sovfeel as en Snieder in de Höll
Dat smeckt as KnĂŒppel op’n Kopp …
… as en Fuust op ’t Oog
… as wenn een de Tung ut’t Finster stickt
Kloor as Kluntermelk

Als Verneinung wird auch oft ein anderes Wort fĂŒr „nein, nicht, nichts“ eingesetzt und entgegen der ursprĂŒnglichen Bedeutung dieses Wortes als verneinend empfunden:

Ik will di den DĂŒvel!
Dor kann de DĂŒvel wat mit anfangen!
Ik scheer mi den DĂŒvel ĂŒm em!
Dat do du un de DĂŒvel!
Dar warr de DĂŒvel ut klook!
Se weet dar en Dreck af! – Dreck ok! – En ölen Dreck! (= nein)
Nu hest en Fleit! (= nichts)
Dat dankt ehr de Hund (= niemand)

(ursprĂŒnglich Abschnitt 64 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier BĂ€nden, Hamburg 1913: Band 4 
  2. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier BĂ€nden, Hamburg 1913: Band 3 
  3. Groth, Gesammelte Werke, Kiel 1893 (UnverĂ€nderte Nachdrucke 1898, 1909, 1913, 1918, 1920): Band 3 
  4. Paul Trede, Lena Ellerbrok, Garding 1884 
  5. PlattdĂŒtsche Volksböker, Garding 1914 ff.: Band 18 
  6. Fritz Lau, KatenlĂŒd, Garding 1910 
  7. Hamborger Janmooten, Hamburg 1914