3.15 Die Endsilben -erig, -elig und -haftig

Im Hochdeutschen geschieht die Wortbildung von Adjektiven überwiegend mit der Endsilbe -ig, die an ein Verb angehängt wird, um es zu einem Adjektiv zu machen. Das Niederdeutsche verwendet häufiger andere Endsilben.

Sehr typisch ist die Endsilbe -erig. Sie hat sich herausgebildet an Verben auf -ern:

beevern > beeverig
klötern > klöterig
knausern > knauserig (auch im Hochdeutschen)
knickern > knickerig (zumindest auch im Norddeutschen gebraucht)
tüdern > tüdering (zumindest auch im Norddeutschen gebraucht)

Sie tritt aber auch unabhängig von diesen Verbformen auf und dient gewöhnlich zur Angabe schlechter, tadelnswerter Eigenschaften:

Dat Weeder is frosterig …
… kladderig (regnerisch)
… lubberig un lummerig (schwül)
… mullerig (trübe und mild)
… rusterig un rusig
… flackerig
… flipperig

He is gnadderig …
… gnidderig
… knasterig
… knickerig un knauserig
… ruuverig
… schabberig

Se is tüterig …
… dwallerig
… püttjerig
… kopperig (verrückt)
… tapperig (unbeholfen)
… mallerig (albern)
… jitterig (voreilig)
… langtögerig (auch langtöögsch)
… dummerig un drömerig
… biesterig
… slingerig un flenterig (schlaff und nachlässig)

„He is noch rech leuterig (hinfällig) …
… feverig
… stölterig un flackerig to Foot
… peverig
… klöterig
… miemerig
… laukerig (schwächlich)
… pieperig
… mickerig (verzärtelt, vgl. mickrig = klein)
… spudderig (schmächtig)
… bunkerig (hager)
… holl un heserig
… wormsteekerig
… btjverig
… bleierig vör de Ogen
… stümperig
… strammbulsterig (aufgedunsen, Sch. 1, 182)1

Se lacht so’n beeten schamerig (Schü. 95)2
de Backen sünd bläusterig (rot vor Aufregung)
de Ogen bleisterig (glänzend vom Weinen)
Dat ist galsterig …
… knökerig
… knubberig
… plackerig
… pulterig
… rosterig
… rüsterig (zerlumpt, alt)
… slumperig
… salterig un palterig

Ähnlich werden Adjektive auf -elig gebildet:

He is hiddelig …
… spaddelig
… spiddelig
… stackelig
… dummelig
… pinselig (geizig)
… pummelig un punselig (wohlgenährt)
… tüffelig

Dat is nusselig (schmutzig) …
… wappelig
… smuttelig
… krükelig

Dat is en snüffeligen Weg

Für die Nachsilbe -haft (= behaftet, begabt mit dem im Bestimmungswort enthaltenen Begriff) gebraucht das Plattdeutsche gewöhnlich -haftig, hängt also noch die Endung -ig an -haft:

görnhaftig
jungshaftig
fruunshaftig
öllerhaftig
booshaftig
eernsthaftig
dummerhaftig to Moot weesen
lachhaftig
ahnhaftig
schrökelhaftig (verwachsen)

Se is alberhaftig …
… sluderhaftig
… nöölhaftig
… dankhaftig (kurz von Gedanken)

He is heel duurhaftig (mitleidig) mit de Armot
Dat smeckt jüchhaftig
Das is lögenhaftig to vertelln
Nu sull de Reis denn jo würklich un dreehaftig losgahn (Fock, H. G. 104)3

(ursprünglich Abschnitt 67 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Schütze, Holsteinisches Idiotikon, Altona 1800/06: Band 1 
  2. Anna Schütze, Mamsell, Quickborn-Bücher, Bd. 22/23 
  3. Hein Godenwind, Hamburg 1912