5.3 Beiordnung durch anreihende Konjunktionen

Die Beiordnung der Sätze durch Konjunktionen bleibt im Plattdeutschen einfach. Eine verwickelte Verbindung zu Satzreihen wird vermieden. Diese nebenordnenden Konjunktionen, die das Verhältnis der Sätze schon rein äußerlich deutlich machen sollen, können wie im Hochdeutschen anreihende (kopulative), entgegenstellende (adversative), begründende (kausale) und folgernde (konsekutive) Wirkung haben.

Auf die einfachste Weise werden Sätze durch un aneinandergereiht. Diese Konjunktion wird im Plattdeutschen bei weitem am häufigsten gebraucht. Es verbindet nicht nur Sätze, sondern auch Satzteile:

Wohrt Been, sä Pageluun, un güng in’n Peerstall

Un jeden annern Dag keem en smucke Bloom dorto, un alltosamen sän un vertelln ehr ümmer datsülwe, un ehr Hart höör niep to un glööv dat gorto gern (F. 4, 32)1

Sien Hoor is as frischen Snee so witt, gneeterswart is sien Peerd, un he ritt op un dal, hin un her, un ut de Hoofspoor wasst Gras un KrĂĽter un Blomen (F. 4, 37)1

Auch oder wird häufig verwendet:

Nimm dien Fööt in acht, oder ik pedd di, sä de Hahn to’n Hingst

Dor ward keen Koh Bless heeten, oder se hett wat Witts vör’n Kopp

Mitto woor rein ut dove Nööt nachts üm twölf Allarm blaast, oder se müssen ok mal bi Storm un Reegen oder in grote Hitten en Marsch maken (F. 4, 26)1

Du geihst mi nich von’n Placken, oder ik gröhl Di dör’t ganze Kaspel! (F. 4, 45)1

Viel seltener findet man ok (auch) als Konjunktion. Als Adverb, das irgend einen Nebenumstand ausdrückt, gebraucht man es häufig:

Se kĂĽmmt ok
ik meen di ok
dat is hĂĽĂĽt ok noch so

An der Spitze eines neuen Satzes oder einer Satzverbindung tritt ok in der Regel nicht auf. Es steht auch nie vor dem Subjekt oder dem Prädikat. Es heißt:

ik ok, he ok
an di dach ik ok

und nicht

ok ik, ok he
ok an di dach ik

Nur wenn man einen scharfen Gegensatz ausdrĂĽcken oder etwas hervorheben will, setzt man das ok voran:

Ok an di heff ik dach

Andere Beispiele fĂĽr den guten Gebrauch von ok sind:

Schiet mit Max, he süppt, Köm drinkt he ok

Dat gifft sik all, Karo hett sik ok geeben müst, un Karo is doch’n groten Hund

In folgenden Beispielen dagegen steht das ok vorn, weil man das Gesagte unterstreichen möchte:

He leep oft na de Mööl, ok wenn he door nix to doon harr (Gr. 3,14)2

Marieken hett veel von mien Swester, ok dat se geern hooch rut will (F. 2, 302)3

An den Droom von sien Fru harr de Meister allerdings ni dacht, ok nich an de Lehmkulen in’t Möhlnholt (F. 2, 186)3

Die Doppelkonjunktionen nicht nur – nicht allein – nicht bloĂź – sondern auch, sowohl – als auch, einerseits — andererseits, bald – bald sind im Plattdeutschen ungebräuchlich:

Rosa harr sik ärgert, nicht alleen an ehr Vedder sien Anstalten, sunnern ok över sien plattdüütschen Reedensoorten

Besser ist es, die Sätze einfach mit un zu verketten:

Rosa harr sik ärgert an ehr Vedder sien Anstalten un över sien plattdüütschen Reedensoorten.

Die Konjunktion weder – noch ist genauso unĂĽblich:

Bi uns harrn wi weeder fĂĽerspiegen Bargen noch Krieg un Kriegsgeschrei (Gr 3, 32)2

Solche Konstrukte werden richtig mit nich – nich oder nich – noch wiedergegeben:

Bi uns harrn wi nicht fĂĽerspiegen Bargen noch Krieg un Kriegsgeschrei
He geiht nich to Kark, nich to Mark
Se kennt nich Koh noch Kalf
He hett nich Kind noch KĂĽken
Trina kunn dat ni begriepen noch faten (Gr. 3, 188)2

Aus dem Hochdeutschen entlehnt sind auch uterdeem, tomal und ähnliche:

He wuss aver, dat sien Herr em geern allerwärts seeg, uterdeem weer’t Sünndag (Gr. 3, 281)2

Wenn Se em den Hellbrunen wegneehmt, dat warrt’n ärgern, tomal he vor de Pier sien Leeven lööt (KL, L. 1, 71)4

Richtig ist auch hier, die Sätze einfach zu lassen und z.B. je zu verwenden:

He wuss aver, dat sien Herr em geern allerwärts seeg. Dat weer je ok Sünndag

Wenn Se em den Hellbrunen wegneehmt, dat warrt’n ärgern. He lööt je vor de Pier sien Leeven

Gebräuchlich als erweiternde Konjunktionen sind noch överhaupt und sogor:

Schritt föhrn bi so’n hitte Gedanken weer nix för Maren, överhaupt weer ehr en lang Besinn’ un Gruveln toweddern (F. 4, 108)1

Nu weer se opdaut, sogor ehr Stimm weer wedder junk (Gr. 3, 188)2

(ursprĂĽnglich Abschnitt 101 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Band 4 
  2. Groth, Gesammelte Werke, Kiel 1893 (Unveränderte Nachdrucke 1898, 1909, 1913, 1918, 1920): Band 3 
  3. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Band 2 
  4. Kloth, De Landrathsdochder, Garding 1885