2.3 Ausstoßung eines Vokals

Sehr verbreitet ist die Ausstoßung (Synkope) eines zwischen zwei Konsonanten stehenden Vokals. Besonders Fremdwörter werden auf diese Weise in das Plattdeutsche umgeformt und für die Aussprache passend gemacht, wenn die Silbe, in der sich der betreffende Vokal befindet, unmittelbar vor der betonten Silbe steht:

absluuts, afsluuts (absolut)
Afkaat (Advokat)
akraat (akkurat)
Ambraas (frz. embarras)
Aptheek, Aptheker (Apotheke, Apotheker)
Kamsool (frz. camisole)
Kapraal (Korporal)
Kaptaal (Kapital)
Kajissen (Katechismus)
Klenner (Kalender)
Klodd (frz. calotte)
Klöör (frz. couleur)
Koptein (Kapitän)
Kraasch (frz. courage)
Krinten (Korinten)
Prüük (frz. perruque)
Slaat (Salat)

So erklärt sich auch die Ausstoßung des i in Personennamen:

Hinnerk (Hinrich)
Dierk (Dietrich)
Friech (Friedrich)

… und in den Eigenschaftswörtern auf -sch (hochdeutsch -isch):

glupisch (Sch. 2, 43)1 > gluupsch (tückisch)
smätisch (Sch. 4, 128)2 > smeetsch (schmal, dünn, schlank — en smeetsche Deern)
snibbisch (Sch. 4, 141)3 > snipsch (spitzig, naseweis reden)
spietisch (Sch. 4, 169)4 > spietsch (höhnisch)
surmulisch (Sch. 4, 230)5 > suurmuulsch
veninisch (Sch. 4, 300)6 > veniensch (he süht veniensch ut: boshaft)

Nachdem einmal das -sch neben -isch in Gebrauch gekommen war, steht es heute auch in vielen Wörtern, in denen ein i ursprünglich nicht vorhanden gewesen ist:

mucksch
unweedersch
boorbietsch
suurpöttsch utsehn
he is wedderdeegsch (eigensinnig)
gaugriepsch (diebisch)
goodgeevsch (wohltätig)
jalpsch (albern)

Steht ein s vor dem i, so wird auch dieses von dem sch verschlungen:

rusch (russisch)
franzöösch (französisch)

(ursprünglich Abschnitt 29 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)