2.4 Auslassung, Zusammenschmelzung und Umstellung

Die Auslassung von Lauten (Elision) kann bewirken, dass zwei Wörter zu einem werden. So ist „binnen“ aus „be innen“ entstanden, „baben“ (mnd. boven) aus „be oven“, „buten“ aus „bi uten“, „blang“ (Blangdöör) aus „bi-lank, bilanges“ (entlang, längs), „fakens“ (oftmals) aus „faken ins“.

Auch die Zusammenschmelzung von Wörtern (Synalöphe) ist beliebt:

He kreeg em to faten > he kreeg em faat

Durch Verkürzung des mnd. edder (oder) zu -er und durch Anfügung dieses er an das vorangehende Nomen entstanden aus:

en jaar edder dre > en Jahrer dree
en dach edder vif > en Dager fief
en stucke edder wat > en Stücker wat

Zeit-, Gewichts- und Maßangaben in dieser Form sind im Plattdeutschen sehr verbreitet gewesen, mittlerweile aber kaum noch zu hören:

en Foter söss
en Dalener tein
en Pundener acht
en Manner veer
en Weekener fief
en Mieler dree
en Maler söben

Ferner wird im Plattdeutschen die Aussprache von Wörtern durch Umstellung von Lauten (Methathesis) vereinfacht. Besonders gern wird das r umgestellt und dann auch ausgelassen:

hochdeutsch mittelniederdeutsch plattdeutsch
Brust borst Boss
Dorf dorp -drup, -trup (in Eigennamen)
dreißig druttich, dertich, dortig dörtig
dreschen, Drescher dorschen, Dorscher döschen, Döscher
dürfen dorven, drochte ik droff
frisch versch, varsch
Furcht, fürchten vrochte, vrochten Fürchtenicht (Eigenname)
Kruste korste, kost Köss
notdürftig notdroftich notdreftig

Aber auch andere Laute als das r werden umgestellt:

Hackels (Häcksel)
Detelv (Detlev)
Meekelnborg (Mecklenburg)
Wüpsen (Wespen)
dat reegent (es regnet)
dor begeegent (begegnet) em so ’n lütten Kerl (W. 39)1

(ursprünglich Abschnitte 30–32 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Wisser, Plattdeutsche Volksmärchen, Jena 1914: S. 39