5.22 Konzessivsätze

Die Konzessivsätze enthalten die Einräumung oder das Zugeständnis einer Tatsache, die scheinbar mit dem Gedankeninhalt des Hauptsatzes in Widerspruch steht, dessen Verwirklichung aber nicht entgegensteht. Das gewöhnliche Bindewort dafür im Plattdeutschen ist wenn — ok. Im Hochdeutschen steht in diesen Sätzen das Verb gewöhnlich mit dem Bindewort, im Plattdeutschen wird die Denk- und Redeweise zur Genüge durch das ok gekennzeichnet:

Dag ward dat liekers, wenn de Hahn ok ni kreiht

Buur blifft Buur, wenn he ok in Bodder braadt ward

Aver se kaamt dor nich von ’n Stohl, un wenn wi ok de ganze Nacht sitten schüllt (F. 2, 252)1

Wenn tjhr dat Bücken ok en beetjn suur woor, so harr se doch bald en ganzen Dutt tosamen (F. 4, 43)2

Du weerst ümmer goot un heelst veel von mi, wenn ik mi ok ni veel na Di ümseeg (F. 4, 62)2

Wenn he dor ok ni völlig un fett woor, so kunn he sik doch bet heer so eeben bargen (F. 4, 83)2

Se singt un blöht un verteilt, dat de Leev noch Leeben hett, wenn de Minschen sik ok dootslaat in Wut un Raas (F. 4, 146)2

Wenn Du nich wedder beeter warrst, mit Sorgen schast Du nich ut de Welt gahn (Tr. A. 59)3

Auch die Konzessivsätze können die Form eines Fragesatzes annehmen, nur muss immer das Adverb „ok“ darin stehen:

Bün ik ok ’n Kerl as ’n Muus, bliev ik doch Herr in mien Huus

In den Elbmarschen scheint unter Einwirkung des niederfränkischen ofschoon die Konjunktion obschoonst typisch geworden zu sein:

Du weerst noch veel wrantiger, as Du nu al büst, obschoonst Du denn ja ok wull sach en lüttje Penschoon kreegen harrst (Tr., Br. L. 60)4

Ob man niederfränkischen Einflüssen den sehr ausgedehnten Gebrauch dieses Bindeworts — auch in der abgekürzten Form schoonst (holländisch: schoon) — bei den mecklenburgischen, plattdeutsch schreibenden Schriftstellern zuzuschreiben hat? Auf rein sächsischem Gebiet in Holstein ist diese Form, wie auch obgliek, wenngliek, trotzdem nicht gebräuchlich. Oder sollte obwoll auf das mnd. wowol (wiewohl) zurückzuführen sein?

Marieken steiht achter un weent, obwoll se ehr leev Moder nich kennt hett (M. T. 100)5

De ool Mann is mit en mal rein as verännert: as en jungen Kerl, obwohl he al in sien sößtigst Johr geiht (M. T. 25). He keem jeden Sünnabend to Markt … ob wull he ’t jüst ni nödig harr ( Gr. 3, 133)6

Se kunn nich wenen, obschurs ehr Luwig, ehr Mann, de Buer, ok je mit weg müss (Qu. 20, 7)7

An to Huus dacht noch keen Minsch, obgliek de Wagens nakam’ weern un torecht stunn’ (Gr. 4, 100)8

He süht dor meist wat nötentröösterig bi ut, obgliek he en strammen un schieren Bengel is (M. T. 117)5

Se mööt dat öwer man nich wedder verteilen, obgliek dat graad nich veel vun Bedüden is (Kl, L. 1, 116)9

Bei Groth findet sich obgliek auch in der getrennten Form:

„De weer … nich vör de gude ole Tiet, ob he gliek ni mehr junk weer (Kl, L. 3, 227)9

Sien Familjennaam schien ganz vergüten, ob se gliek ut een stamm, de nich ahn Ansehn west weer (Kl, L. 3, 319)9

Ok harr he dat echte ditmarsche Heimweh inne Bost, ob he gliek nich ute echte Marsch stamm (Kl, L. 4, 59)9

De Buerfru müsst togeeven, wenngliek se ok so ’n bangen Siedenblick op ehr oll Swiegermudder smeeten harr (Kl, L. 1, 6)9

He wier doch untofreeden mit sien Laag un langwiel sik, wenngliek he dat nüms marken leet (Kl, L. 1, 114)9

Paul Hartmann wier also Landmann worrn, trutzdem de Rekter vun de Prima em dämm afraadt … harr (Kl, L. 1, 17)9

Dat Dack brenn lichterlöch, trutzdem dat heftig reegen deed (Kl, L. 1, 80)9

(ursprünglich Abschnitt 120 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)


  1. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Band 2 
  2. Fehrs, Gesammelte Dichtungen in vier Bänden, Hamburg 1913: Band 4 
  3. Paul Trede, Abel, Garding 1880 
  4. Paul Trede, Brochdörper Lüd, Garding 1890 
  5. Mähl, Tater-Mariken, Altona 1869 
  6. Groth, Gesammelte Werke, Kiel 1893 (Unveränderte Nachdrucke 1898, 1909, 1913, 1918, 1920): Band 3 
  7. Quickborn-Bücher, Hamburg 1913 ff.: Band 20 
  8. Groth, Gesammelte Werke, Kiel 1893 (Unveränderte Nachdrucke 1898, 1909, 1913, 1918, 1920): Band 4 
  9. Kloth, De Landrathsdochder, Garding 1885