Das Plattdeutsche besitzt eine Reihe von Adjektiven auf -ern, die der hochdeutschen Schriftsprache gänzlich fehlen.

Außer den Ableitungen von Stoffnamen (blickern, koppern, leddern, stenern, sülvern), die im Niederdeutschen und Hochdeutschen vorkommen, hat das Plattdeutsche noch eine Gruppe von Adjektiven auf -ern, die zu einem Verb in naher Beziehung stehen und zum Ausdruck bringen, dass jemand die Neigung oder den Hang hat, das zu tun, was mit dem Begriff des Verbs gemeint ist. Diese für das Plattdeutsche charakteristischen Adjektive treten erst seit dem 16. Jahrhundert häufiger in der niederdeutschen Literatursprache auf, finden sich sehr zahlreich in den Wörterbüchern des 18. Jahrhunderts und sind noch heute lebendig:

en behöllern Kopp (hat ein gutes Gedächtnis)
bedrievern (betriebsam, fleißig)
deepdenkern (tief denkend)
dickdonern (prahlen)
heegern (sparsam)
hildhebbern (allzu beschäftigt)
leedspreekern (zur üblen Nachrede geneigt, Sch. 3, 18)¹
nadenkern (nachdenklich)
nadregern (nachtragend)
nageevern (nachgebend)
ökern (emsig, zum Mehren geneigt)
schüllern (frostig, zum Beben geneigt)
todonern (schmeichelhaft sein)
trüüchholern (zurückhaltend)
en vergeetern Goos (vergesslich)
verswennern (verschwenderisch)

Beeter en slutern Fru, as en kiefern Fru (Sch. 1, 337)²
En goden Naver is beeter as en fienern Fründ (zur Feindschaft geneigt)
De Düvel is nagahnern (Sch. 3, 127)¹
Beeter en krupern Moder as en flegenden Vader (Sch. 2, 357)³
Se sitt un neiht, se kiekt ni op un um, un ökern geiht de Arm ehr op dal (Gr. 1, 237)⁴
Mi is ganz schüllern to Mood (Nd. Kbl. 30, 52)⁵
He weer ganz willern (von Sinnen, Nd. Kbl. 30, 52)⁵
He süht so iepern ut as’n Katt, de eeben stökert is
Noch weern de Gesichter eernst un nadenkern (F. 4, 94)⁶

(ursprünglich Abschnitt 93 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)