Die kleine Plattdeutsch-Schule

Diese Serie von kleinen BeitrĂ€gen gab es mal in der Nordsee-Zeitung. Da hieß sie einfach “Wi snackt Platt, du ok? Plattdeutsche Serie”. Das war so um Februar 2015. Es war angelegt als eine vergnĂŒgliche Reise durch die plattdeutsche Sprache. Nun gibt es diese Seiten dort nicht mehr. Ich habe sie aber im Internet-Archive wiedergefunden.

2018 habe ich dann die Nordsee-Zeitung einfach gefragt, ob ich diese Texte verwenden darf und sie haben “Ja” gesagt. Hier sind sie nun. Vielen Dank an die Nordsee-Zeitung, dass ich die Text hier verwenden darf.

Übrigens: diese Version hier entspricht ziemlich genau dem Original. Ganz auf Plattdeutsch habe ich sie auch aufbereitet und etwas ĂŒbersichtlicher strukturiert.

Lektion 1: Tahlen (Zahlen)

Een, twee, dree, veer, fief, söss, söven, acht, negen, teihn. Daarto: de eerste, de twete, de drĂŒdde, de veerte, de föffte, de sösste usw. jĂŒmmer mit „te“ an’n End. Un jĂŒst so geiht dat wieder mit: elven – de elvente, twölf – de twölfte, un denn dörteihn – de dörteihnste, veerteihn – de veerteihnste usw. JĂŒmmer mit „ste“ an’n End. Na twintig kummt: dörtig, veertig, föfftig, sösstig, söventig, achtig, negentig, hunnert. Un eenuntwintig, tweeuntwintig usw. bit hen na negenunnegentig. Gifft uk PlattdĂŒĂŒtsche, de seggt statts achtig – tachentig. De 88 höört sik op de Oort kandidel (lustig) an: tachentachentig.

Lektion 2: Die Uhrzeit (1)

Wat de Klockentiet (Uhrzeit) betrifft: De plattdĂŒĂŒtsche Klock (Uhr) hett uk 24 StĂŒnnen, man blots twölf Tahlen. So heet dat „Klock veer“, „Klock söven“ or „Klock teihn“. Blots wenn nich klaar is, of vörmiddags or namiddags, middags or bi de Nacht meent is, heet dat „Klock veer namiddags“, or „Klock een bi de Nacht“ or „Klock negen an’n Vörmiddag“ usw.
Heet dat in HoochdĂŒĂŒtsch „acht Uhr“ is dat in Platt „Klock acht“. Uk bi halve StĂŒnnen sett vele Plattsnacker „Klock“ vörweg. Aus „halb drei“ in HoochdĂŒĂŒtsch warrt in Platt „Klock halvig dree“. Man „Klock“ seggt se blots bi vulle un halve StĂŒnnen.
Ist es zum Beispiel 16 Uhr und 10 Minuten heet dat in Platt „teihn Minuten na veer“ und 6 Uhr und 40 Minuten heet „twintig vör söven“. Viertel vor sieben heet op Platt „veerdel vör söven“ un viertel nach acht is op Platt veerdel na acht.
Jemanden nach der Uhrzeit fragen, kann man so: „Wat is de Klock?“ or ok: „Wo laat is dat?“

Lektion 3: Die Uhrzeit (2)

Wie spĂ€t ist es? oder „Wo laat is dat?“ – die Uhrzeit.
„Ik heff een Klock köfft.“ – eine Uhr gekauft.
Un „een Klock“ kann ok eine Glocke bedĂŒden (bedeuten). Daarto een ganz gediegen Snack ut de Tiet, as de HollĂ€nner in Buxtu weern un den woll jedereen al maal höört hett: „In Buxtehude, wo die Hunde mit dem Schwanz bellen“, op Platt: „In Buxtu, wo de Hunnen mit den Steert bellt.“ Meent sĂŒnd aver de Karkenklocken. Man hier sĂŒnd Wöör ut de Nedderlannen mit hooch- un plattdĂŒĂŒtsche Wöör vermengeleert worrn un hett egens nix mit een Hund to doon. De LĂŒĂŒd in Buxtu hebbt dunntomalen noch mit een Hamer op de Klocken slagen. De HollĂ€n-ner aver bunnen een lang Reep (Seil) an den Klöppel (Bammel) un kunnen op de Oort lĂŒden. Weer dat Seil an End wat utfranzt, harr de Ähnlichkeit mit een Hunnensteert. Un „bel-len“ meent klingeln, schellen, lĂ€uten.
Hier noch een Snack: Wenn een wat opsnappt hett un sik mĂ€ch-tig wichtig daarmit deit, aver von de Saak gor keen Ahnung hett, heet dat: „He hett de Klocken lĂŒden höörn un weet nich, wo se hangt.“

Lektion 4: De Dag

De Dag fangt an mit den Morgen or Vörmiddag. Am frĂŒhen Morgen kann heten vörmiddaags or fröh an’n Morgen or vör Dau un Dag . Denn kummt Middag. Mittagspause machen heet: Middag maken. Jetzt machen wir eine Pause heet in Platt mehrsttiets nu maakt wi Foffteihn. Un so geiht dat wieder mit den Namiddag (namiddaags), den Avend (avends) un de Nacht (nachts).
Söven Daag hett de Week (Woche). JĂŒmmer wenn wat an een un den sĂŒlven Wekendag passeert (montags, dienstags usw) is dat in Klammern achteran sett. Dat geiht los mit Maandag (maandaags), Deensdag (deensdaags), Middeweek (middewekens), Donnersdag (donnersdags), Freedag (freedaags), SĂŒnnavend (sĂŒnnavends) un SĂŒnndag (sĂŒnndaags). Wochenende heet Wekenend und Feiertag is Fierdag (Mehrzahl: Fierdaag).

Lektion 5: Vorstellen

Wenn jemand sich mit seinem Namen vorstellt, wird in der Regel das Verb „wesen“ (sein) benutzt: Ick bĂŒn Christian. Un wokeen bĂŒst Du?Möglich ist auch das Voranstellen von „mein Name ist“. Mien Naam is Christian.

Lektion 6: BegrĂŒĂŸung

Die klassische BegrĂŒĂŸung ist „Moin“, wobei man Moin zu jeder Tageszeit sagen kann. Es gibt Gegenden, in denen auch Moin, Moin gesagt wird. Bei uns ist die Dopplung zu vermeiden. Eine Theorie besagt, Moin stamme vom plattdeutsch-friesischen „moje“. Das bedeutet gut oder auch schön.

Am Morgen sagt man auch „Goden Morgen“ oder nur „Morgen“. Am Tag hört man „Goden Dag“ oder „Dag ok“. Gegen Mittag tut es auch ein „Mahltied“. Am Abend begrĂŒĂŸen sich die Menschen mit „Goden Avend“ oder nur kurz „’n Avend“. Zum Schluss heißt es dann „Gode Nacht“.

Lektion 7: Das Hilfswerb „haben“

PrĂ€sens: Ich habe – ik heff; du hast – du hest; er/sie/es hat – he/se/dat hett; wir haben – wi hebbt; ihr habt – ji hebbt; sie haben – se hebbt.

Ik heff een Fro. Du hest een FrĂŒndin. He hett twee HĂŒĂŒs (HĂ€user). Wi hebbt dree Kinner.

p Vergangenheit: „gehabt“ – hatt; ik heff hatt, du hest hatt, he/se/dat hett hatt, wi/ji/se hebbt hatt.

Ik heff een FrĂŒndin hatt. Du hest twee Froon hatt. Se hett een Huus hatt. Ji hebbt fief Kinner hatt.

So, de Lex mit haben „hebbt wi hatt“.

Lektion 8: Das Hilfsverb „tun“

Ich tue – ik do, du tust – du deist, er/sie/es tut – he/se/dat deit, wir tun – wi doot, ihr tut – ji doot, sie tun – se doot.
Aber „doon“ bedeutet nicht nur aktives Tun, sondern steht auch als ErgĂ€nzung oder Betonung anderer TĂ€tigkeiten:
„Ich freue mich, wenn der alte Motor lĂ€uft.“ – Ik freu mi, wenn de ole Motoor dat noch deit.
„Das ist nicht zu Ă€ndern.“ – Daar is nix an to doon.
Is doch eenfach, or!?
„Stellt Euch man nicht so an.“ – Doot man nich so

Lektion 9: Das Hilfsverb „sein“

Heute: ErklĂ€ren (Verklaren) des Hilfsverbs „sein“: ik bĂŒn, du bĂŒst, he/se/dat is, wi/ji/se sĂŒnd; Ik bĂŒn hier to Besöök (zu Besuch). Du bĂŒst hier tohuus (zu Hause). He is Muurmann (Maurer). Wi sĂŒnd ut Beers (Bad Bederkesa).
Ein weiteres Hilfsverb ist „werden“: ik warr, du warrst, he/se/dat warrt, wi/ji/se warrt.
„Ik warr kamen.“ – Ich werde kommen. „Du warrst töven.“ – Du wirst warten. „Ji warrt wunnerwarken.“ – Ihr werdet staunen.
Woort för Woort översetten von een Spraak in een annere, egaal in welke, höört sik faken (oft) holperig an. Dat liggt daar an, dat du hoochdĂŒĂŒtsch denkst, wat du op platt seggst. Hauptsaak is aver doch, dat dien Gegenöver versteiht, wat du em seggst or fraagst!
Also gellt: Snack so as di de Snavel wussen is. Beispiele, (nicht wörtlich ĂŒbersetzt):
„Sie kann bei ihm nichts ausrichten.“ – Se kann bi em nix warrn. „Das ist zwecklos.“ – Daar warrt nix von. „Er kann es noch zu etwas bringen.“ – Ut em kann noch wat warrn.

Lektion 10: Aussprache des „a”

Wenn du mit een Plattsnacker kabbeln (streiten) wullt, snack von de Schrievwies. Dat Verdregen achterna – bi Kööm un Beer – is doch to un to schöön. Dat geiht sĂŒnners goot bi „Selbstlauten“, ok in HoochdĂŒĂŒtsch.
Bi Wal, Saal, Wahl, Beet, Befehl, Rede, Seele, Ă€u, eu, oi, Stil un Stiel, Boote un Bote, Sohle un Mole, Stuhl un Mut is keen Ünnerscheed to hören.
Aver wi all weet, wo de Wöör to schrieven sĂŒnd, wiel wi dat lehrt hebbt.
Blots in Platt schrifft doch so mĂ€nnicheen, as he meent (phonetisch). Dat troot de sik in HoochdĂŒĂŒtsch nich. SĂŒht ja ok dummerhaftig ut. Blots bi Platt markt dat nich jeder foorts (sofort).
Dat „a“ in PlattdĂŒĂŒtsch höört sik faken (hĂ€ufig) an as dat in HoochdĂŒĂŒtsch klingt bi Nord, Mord, Morgen, Sorgen, fort. Dat is keen „o“ un keen „a“, sĂŒnnern een „open a“. Un dat gellt (gilt) in Platt för dĂŒsse Wöör: Straat, Kahn, Saal, Spraak, laat, Malen un annere mehr.
JĂŒmmer, wenn in een Woort een langes „a“, „aa“ or „ah“ steiht, warrt dat as een „open a“ spraken.
Kabbelt man noch’n beten. Ik dĂŒker (tauche) eerst maal ĂŒnner.

Lektion 11: Snacks

So wie im Hochdeutschen gibt es natĂŒrlich auch im Plattdeutschen SprĂŒche. Hier ein paar besonders schöne:
„Do wat Du wullt, de LĂŒĂŒd snackt doch.“
Dieser Satz bedeutet: Egal, was Du tust, die Menschen reden ĂŒber Dich. Denn niemand ist vor dem GeschwĂ€tz der anderen sicher.
„Wat de Buer nich kennt, dat fritt he nich.“
Die Menschen gehen gerne ihren Gewohnheiten nach. Deshalb stehen sie Neuerungen skeptisch gegenĂŒber. Was der Bauer nicht kennt, dass frisst (isst) er nicht.
„Wat den een sien Uhl, is den annern sien Nachtigall.“
Was des einen Eule, ist des anderen Nachtigall. Hier die eher unheimliche Eule, da der fröhliche SÀnger der DÀmmerung. Gemeint sind GegensÀtze, der eine mag klassische Musik, der andere nicht.
„’N beten scheev hett Gott leev.“
Ein bisschen schief hat Gott lieb. Bezeichnung fĂŒr verwachsenen Menschen oder nicht akkurate Handwerksarbeit.

Lektion 12: Modalverben können, sollen und dĂŒrfen

Du schallst nu PlattdĂŒĂŒtsch lernen, nee nur wenn Du dat ok wullt. Man mutt dat nich, over man kann bi uns wat lernen, mitmoken dröff jeder. Allens klar?
Modalverben können als Vollverben in einem Satz benutzt werden, meistens stehen sie aber zusammen mit einem Vollverb, dessen Bedeutung sie im Satz leicht verÀndern. So benutzt man sie richtig:
– können/könen: ik kann, du kannst, he/se/dat kann, wi köönt, ji köönt, se köönt
– sollen/schölen: ik schall, du schallst (das ll wird nicht gesprochen), he/se/dat schall, wi/ji/se schĂŒllt (das ll wird im Plural nicht gesprochen)
– dĂŒrfen/dörven: ik dröff, du dröffst, he/se/dat dröff, wi/ji/se dröfft
– wollen/willen: ik will, du wullt, he/se/dat will, wi/ji/se wĂŒllt
– mĂŒssen/möten: ik mutt, du muttst, he/se/dat mutt, wi/ji/se mööt
– möchten/mögen: ik mag, du magst, he/se/dat mag, wi/ji/se möögt.

Lektion 13: Hilfsverben warrn, hebben

  • warrn/werden: ik warr, du warrst, he/se/dat warrt, wi/ji/se warrt.
  • hebben/haben: ik heff, du hest, he/se/dat hett, wi/ji/se hebbt.
    Die Bedeutung von warrn ergibt sich hÀufig erst aus dem Zusammenhang.
    Wat schall dorvun warrn? Was soll dabei herauskommen.
    He kann nix bi ehr warrn. Er kann nicht bei ihr landen.

Lektion 14: BrĂŒche un Gewichte

1/2 = een half,
1/3 = een drĂŒddel,
1/4 = een veerdel,
1/8 = een achtel,
1/20 = een twintigstel,
1/100 = een hunnertstel,
1/1000 = een dusendstel
500 g = fiefhunnert g or een Pund
1000g = dusend g or een Kilo
1500g = annerhalf Kilo or dree Pund
250g = een half Pund
125g = een veerdel Pund

Lektion 15: Johrns-Tahlen allgemeen

Von 6. Johrhunnert (Jh.) an sĂŒnd de Sachsen de Kelten in England mĂ€chtig op’t Fell rĂŒckt; in 1291 is de Schweiz grĂŒndt worrn; siet 12. Jh. gifft dat achter den Vörnaam in DĂŒĂŒtschland Familiennaams; een DrĂŒddel von de Minschen in Europa sĂŒnd in’t 14. Jh. an de Pest storven.
Johrns-Tahlen to’n 9. November:

  • 1918 – negenteihnhunnert-achtteihn
  • 1923 – negenteihnhunnert-dree-un-twintig
  • 1938 – negenteihnhunnert-acht-un-dörtig
  • 1967 – negenteihnhunnert-söven-un-sösstig
  • 1989 – negenteihnhunnert-negen-un-achtig

Lektion 16: FlĂ€chenmaße

mm, cm, dm, m, km sĂŒnd ok in Platt nix anners. Daarto kennt wi Ar (1a = 100 mÂČ), Hektar (1ha = 10.000 mÂČ) un Morgen (1mg = 2500 mÂČ).

Lektion 17: Bildhafte Verben

Das Plattdeutsche ist bei vielen Menschen hier in Norddeutschland so beliebt wegen seiner handlungsorientierten, verbalen Sprache. Viele Dinge kann man so einfach und direkt aussagen. Aufallend sind auch die vielen lautmalenden und bildhaften Wörter. So gibt es eine Reihe von Verben, die ein Bild in sich tragen. Wenn Sie jemanden „smustergrienen“ (schmunzeln) sehen, haben Sie ein solches Gesicht gleich vor Augen. Und auch „lickmulen“ macht mehr Spaß, als das hochdeutsche „schlecken“. Wer etwas nicht weiß, wird „tuckschullern“ (mit den Schultern zuc-ken), und beim nĂ€chsten Mal genau „luuk-ohren“ (lauschen), und wenn er dann verstanden hat „nickkoppen“ (mit dem Kopf nicken). DarĂŒber, dass einige vor anderen „duuknacken“ (dienern) oder immer etwas „begriesmulen“ (etwas schlecht machen), kann man nur „schĂŒttkoppen“ (den Kopf schĂŒtteln). Vielleicht aber sollte man, wie es auch der Plattdeutschen Art ist, nicht alles gar so ernst nehmen und öfter mal listig „knippögen“ (mit den Augen zwinkern).

Lektion 18: Das Futur

Wer möchte nicht gern in die Zukunft schauen können, um zu wissen, was morgen passiert. Zumindest die Absicht können wir mit dem Futur ausdrĂŒcken: “Ich werde dich besuchen.” Auf Platt: “Ik warr di besöken.” Gebildet wird das Futur durch Personalformen von “werden (warrn)” und dem Infinitiv des Verbs “besuchen (besöken)”. Doch die Plattdeutschen mögen diese etwas sperrige Ausdrucksweise nicht so gern. Sie sind gegenwartsbezogener und drĂŒcken ZukĂŒnftiges lieber im PrĂ€sens aus. Dabei drĂŒcken sie die Information “Zukunft” in zukunftsbezogenen Adverbien oder Wortgruppen aus. ” Ik besöök di morgen”, “Ik fohr tokamen Week na Berlin”, “He arbeit över-morgen nich” oder “Ik meld mi disse Daag (in den nĂ€chsten Tagen) noch bi di”. Eine weitere Art, ZukĂŒnftiges auszudrĂŒcken, wird mit den Hilfszeitwörter “willen” oder “schölen” ausgedrĂŒckt. Ich werde ein Buch lesen: “Ik will een Book lesen” oder: Du wirst dich wundern. “Du schallst di wunnern”. Was Ihnen die Zukunft bringt, weiß ich nicht, aber ich hoffe: Alles wird gut! “Allens schall woll goot warrn.”

Lektion 19: Das Partizip PrÀsenz (Mittelwort)

Kennen Sie auch diesen schönen Kanon: “Lachend, lachend, lachend, lachend kommt der Sommer ĂŒber das Feld, usw”. Die Form des Verbs “lachend” ist Partizip PrĂ€senz. Man sagt auch Mittelwort, weil es mitten zwischen dem Verb (TĂ€tigkeitswort) und dem Adjektiv (Eigenschaftswort) steht. Es wir hĂ€ufig benutzt wie ein Adjektiv (das lachende Gesicht), wird aber aus dem Verb gebildet (was tut das Gesicht?). Mittelwörter kommen im Plattdeutschen selten vor. Sie werden gebildet, indem an den Wortstamm ein –en angehĂ€ngt wird. So entsprechen sie dem Infinitv z.B. “dat lachen Gesicht, de singen Kinner”. Bei festen Wendungen treffen wir das Partizip PrĂ€senz öfter an. So bezeichnet man Ebbe und Flut auf Plattdeutsch “aflopen und oplopen Water”. “Dat is wassen Wedder, or ok Weer” bezeichnet ein Wetter, bei dem die Pflanzen gut wachsen. Vielleicht kann man jetzt ja von Ihnen sagen: “De dat Blatt lesen HochdĂŒĂŒtsche kriggt Spaaß an de LĂŒĂŒd tohoop bringen plattdĂŒtsche Spraak.”

Lektion 20: Das Passiv

Die Plattdeutsch sprechenden Menschen mĂŒssen wohl eher zupackende, aktive Leute sein. Zumindest beim Sprechen und Schreiben drĂŒckt sich das darin aus, dass sie das Passiv (Leideform) möglichst vermeiden und sich im Aktiv ausdrĂŒcken. “Der Hund wird geschlagen” wĂŒrde der Plattdeutsche lieber so ausdrĂŒcken: “Dor sleit een den Hund”. Um das aktive Handeln auszudrĂŒcken, holen sie sich eine allgemeine, unbestimmte Person dazu, die das getan hat, wie “een” (man) oder “de LĂŒĂŒd” (die Leute). Wenn es gar nicht anders geht, dann nimmt auch der Plattdeutsche das Passiv, was dann wie im Hochdeutschen gebildet wird. Man braucht dazu das Partizip (Mittelwort) Perfekt verbunden mit dem Hilfszeitwort werden (warrn). Aus “Die TĂŒr wird von mir gestrichen” wird dann “De Döör warrt von mi streken”. In der Vergangenheit wird meist auch hier das Perfekt benutzt: “De Döör is von mi streken worrn”. So sind diese Zeilen von einem Freund des Plattdeutschen geschrieben worden: “Disse Rehgen sĂŒnd vun een schreven worrn, de man to geern PlattdĂŒĂŒtsch snackt”.

Lektion 21: Das Perfekt (Vergangenheit)

Nach dem guten Abschluss eines perfekten GeschĂ€ftes in der Vergangenheit kann man auf Plattdeutsch hören: “Dor hest du avers goot wat för kregen!” Oft wird also Vergangenes im Perfekt ausgedrĂŒckt. Gebildet wird das Perfekt aus einer Form von “wesen” (sein) oder “hebben” (haben) und der Partizip-Perfekt-Form des TĂ€tigkeitswortes. “Ik bĂŒn weglopen”, “he hett lacht”. Wie im Hochdeutschen verĂ€ndert sich nur das Hilfsverb (wesen, hebben) in den Personalformen, das Partizip bleibt unverĂ€ndert: “He is weglopen, se sĂŒnd weglopen”. Anders als im Hochdeutschen wird das Partizip Perfekt gebildet. Am Wortanfang steht nicht ein ge- (gelaufen, gemacht), sondern es wird nur wie im Hochdeutschen bei schwachen Verben an den Wortstamm ein –t (maakt, lacht) und bei starken Verben ein –en (lopen, sungen) angehĂ€ngt. Verben der Bewegung verlangen als Hilfsverb eine Form von “wesen” (ik bĂŒn flagen, wi sĂŒnd utwannert), die anderen eine Form von “hebben” (ji hebbt logen, du hest seggt). SĂŒh, nu hest wedder wat dorto lehrt!

Lektion 22: Das PrÀteritum (Vergangenheit)

“Fröher weer allens beter!” Sind deswegen die meisten Geschichten oder Romane in der Vergangenheitsform geschrieben? Allerdings wird das PrĂ€teritum – frĂŒher Imperfekt – als erste Vergangenheit nur noch selten benutzt. Viel hĂ€ufiger drĂŒcken wir Handlungen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, im Perfekt aus: “Ik heff een Leed sungen”, “Ik bĂŒn na Huus kamen.” Bei schwachen Verben ist das PrĂ€teritum im Plattdeutschen oft nicht leicht zu erkennen, weil es der Gegenwartsform (PrĂ€senz) sehr nahekommt oder gar gleich ist. “Ik arbeit in de Stadt” kann also je nach Sinnzusammenhang heißen: “Ich arbeite in der Stadt” oder “Ich arbeitete 
” Bei starken Verben erkennt man das PrĂ€teritum an der VerĂ€nderung des Stammvokals, z.B. “finnen – ik funn, flegen – ik floog, kieken – ik keek, rĂŒken – ik röök”. Am meistens verwendet man das PrĂ€teritum noch bei den Hilfsverben “wesen (sein), hebben (haben), warrn (werden) doon (tun)” oder bei den Modalverben “mögen, dörven, könen, möten, willen. schölen”. “Fröher weer allens beter? Ne: HĂŒĂŒt is hĂŒĂŒt, un dat is goot so”!

Lektion 23: Johrstieden un Maandennaams

Fröhjohr, Sommer, Harvst un Winter maakt dat Johr ut.
Dat Fröhjohr warrt regional uk Lent, (hdtsch. Lenz) nöömt.
Die niederdeutschen Monatsnamen sind heute leider weitgehend in Vergessenheit geraten. So hießen

Januar – Sneemaand (Österreich: JĂ€nner),
Februar – Hornung (heute noch gebrĂ€uchlich in der Schweiz und am Bodensee),
MĂ€rz – Lentmaand (FrĂŒhlingsanfang),
April – Oostermaand (Ostern),
Mai – Maimaand,
Juni – Braakmaand (Brachmonat),
Juli – Haumaand (Heumonat),
August – Aarnmaand (Erntemonat),
September – Harvstmaand (Herbstanfang),
Oktober – Wienmaand (Zeit der Weinlese),
November – Nevelmaand (viel Nebel),
Dezember – Christmaand (Geburt Christi).

Lektion 24: Die FĂ€lle, Artikel

De, den, den, de – de, de, de, de – dat, dat, dat, de – man könnte glauben, hier geht es um die ersten SprachĂŒbungen eines Kleinkindes, aber nein. Heute widmen wir uns den FĂ€llen, den Artikeln im Plattdeutschen. Dabei geht es ĂŒbersichtlicher zu als im Hochdeutschen, wenn auch nicht so einprĂ€gsam wie im Englischen mit “the”. So werden die Formen im Dativ und im Akkusativ im Plattdeutschen nicht unterschieden.
Die ersten FĂ€lle (Nominativ Singular, Dativ Singular, Akkusativ Singular) beziehen sich auf die mĂ€nnlichen Formen, die zweiten auf die weiblichen und die dritten auf die sĂ€chlichen Artikel. Im Plural heißt es immer de.
Dat Rad hett ne Klingel.
Der Genetiv wird nicht wie im Hochdeutschen gebildet (Artikel plus Substantiv; des Mannes, der Frau, des Kindes), sondern es sind Umschreibungen notwendig:
He is de Broder von Silke. (Er ist Silkes Bruder)
Den Mann sien Hoot. (Der Hut des Mannes)
De Frau ehr Hund. (Der Hund der Frau)
FĂŒr sogenannte nicht-menschliche Objekte gilt: vun + Artikel + Substantiv im Dativ:
Dat Been vun den Hund (das Bein des Hundes).

Lektion 25: Der Konjunktiv

“Harr ik, so wull ik!” diesen Satz habe ich in meinen Kindertagen hĂ€ufig gehört. Eigentlich ein Nonsenssatz (“HĂ€tte ich, so wollte ich”, wörtlich ĂŒbersetzt), der mir die AbsurditĂ€t oder UnerfĂŒllbarkeit meiner Wunschvorstellungen vor Augen fĂŒhren sollte. Der Konjunktiv, die Möglichkeitsform, wird im Hochdeutschen (Der Politiker sagte, dass er fĂŒr die Zukunft schwarz sehe) aber noch mehr im Plattdeutschen vermieden, weil sie vor allem in der gesprochenen Sprache als gestelzt und fremd empfunden wird. Man kehrt zum Indikativ zurĂŒck: “Das Kind sagte, dass es noch nicht lesen kann (Konjuktiv: könne)”. So finden wir den Konjuktiv auch im Plattdeutschen vor allem bei der Indirekten Rede: “De Vadder telefoneer, he kööm later na Huus”. SĂ€tze, die mit der Konjuktion “wenn” beginnen, erfordern ebenfalls die Möglichkeitsform. “Wenn all LĂŒĂŒd ehr StĂŒern betahlen deen, wöör dor noog Geld vör de tweien Straten över”. Wie im Hochdeutschen bildet man im Plattdeutschen den Konjuktiv gern mit “wĂŒrde”: “Ik wöer mi freuen, wenn’t jo all goot gĂŒng.”

Lektion 26: Feminine Formen

An die Anrede “Frau Bundeskanzlerin” haben wir uns ja inzwischen gewöhnt. Bei der weiblichen Form von Bezeichnungen fĂŒgen wir im Hochdeutschen in der Regel ein “-in” an: “Rentnerin, Ärztin, Busfahrerin.” Im Plattdeutschen gibt es mehrere Möglichkeiten. HĂ€ufig wird ein “-sch(e)” angefĂŒgt, wie bei “Verköpersch(e), Schoolmestersch(e), Neihersch(e) oder Doktorsch(e)”. Doch auch die Endung mit “-in” gibt es in Platt. Manchmal ist beides möglich: “Lehrerin/Lehrersch(e), Schölerin/Schölersch(e)” manchmal ist nur eine Endung möglich: “Polizistin, Maschinistin, Finanzbeamtin”. Wenn eine mĂ€nnliche Form auf “-mann” endet, muss bei der weiblichen Form umschrieben werden: “Koopmann – se verköfft dit un dat, Muermann – se arbeit bi de MuerlĂŒĂŒd, Seemann – se fohrt na See”. Einfallsreich, wie die Plattdeutschen so sind, fĂ€llt ihnen auch bei ungewöhnlichen AusdrĂŒcken was Neues ein. Denn wenn “de Paster” neuerdings eine Frau ist, sagen sie einfach “Fro Paster”. Und in den Plattdeutschen Nachrichten heißt es dann: “Fro Bundeskanzlersch(e) hett seggt, dat 
”.

Lektion 27: Fragepronomen

Erinnern Sie sich noch an die Liedzeile aus den Anfangszeiten der Sesamstraße “
Wer nicht fragt, bleibt dumm!” Das Fragen ist einer der wichtigsten sprachlichen Möglichkeiten beim Weg ins Leben. Eingeleitet werden die meisten Fragen durch Fragepronomen: “Wer? Wie? Was? usw.” Im Plattdeutschen werden bis auf die Ausnahmen “Wat? (Was?), Wannehr? (Wann?) Welk? (Welche?)” alle Fragewörter in Zusammensetzung mit Wo? gebildet. Dabei heißt “Wo?” allein entweder “Wo?” Oder aber auch “Wie?”(Wo hest du dat maakt?) Es gibt Fragewörter, die man nicht trennen kann, wie “Woans? (Wo?), Wonem? (Wohin?), WorĂŒm? (Warum?) Wokeen? (Wer). Bei letzterem lĂ€sst man gern das “wo” weg: “Keen bĂŒst du denn? (Wer bis du denn)”. Trennbare Fragewörter sind z.B.: Wohen? “Wo geihst du hen?”, Wovon? “Wo leevst du von?”, Wona? “Wo smeckt dat na?”. Schließlich gibt es Konstruktionen aus mehreren Wörter, die FragesĂ€tze einleiten: “Wat för een Profeschoon hest du?”. Sie antworten doch sicher: “Ik bĂŒn een PlattdĂŒĂŒtschen.”

Lektion 28: Imperativ

“Kummandeer mi nich so rum! Ik weet sĂŒlven, wat för mi goot is.” Auf die Befehlsform (Imperativ) reagieren viele Leute nicht immer freundlich. Aber meist steckt dahinter ja nur die gut gemeinte Aufforderung, etwas Bestimmtes zu tun oder zu lassen. Im Plattdeutschen nimmt man dazu den Wortstamm des Verbs ohne Endung: “Kummanderen – kummandeer! Seggen, segg! Lopen – loop! Snacken – snack!” Wenn Sie die Aufforderung an mehrer Leute richten wollen, benutzen Sie die Pluralform des Verbs: “Wi danzt – danzt! Wi singt – singt!” NatĂŒrlich gibt es auch hier Ausnahmen, z.B.: “Doon – do! – doot! Könen – kann! – köönt! Mögen – mag! – möögt! Sehn – sĂŒh! – seeht! Typisch plattdeutsch heißt “Setze dich!” auf Platt “Gah sitten!” oder “Sett di daal!” Ja, denn man to: Nehm di een Stohl un sett di daal! Röög di nich un snack nich so veel! Luster goot to un paas up, wat ik di segg! Denn do, wat du wullt, de LĂŒĂŒd snackt doch! Dat best is: Snack Platt, ik do dat ok!

Lektion 29: Lehnwörter aus dem Französischen

Viele Menschen regen sich heute auf ĂŒber das “Denglisch”, die Zunahme von englischen Worten, die unseren Alltag heute bestimmt. Im Plattdeutschen hat sich ein Ă€hnlicher Vorgang schon vor 200 Jahren ereignet, allerdings mit dem Französischen. Diese Worte gehören heute wie selbstverstĂ€ndlich zum plattdeutschen Wortschatz. Farbe heißt “Klöör” vom französischen “couleur”, gehen wir zurĂŒck, heißt es “retuur” (retour), und sind wir “praat” (parade), dann sind wir fertig. Wir haben es gern “kommodig” (commode) und so leicht bringt uns nichts aus der “Fassong” (facon). Wer hĂ€tte gedacht, dass in den folgenden drei SĂ€tzen zehn französiche Lehnwörter stecken: “He seet in den Bredullje (bredouille), as em de Buddel (bouteille) direktemang (directment) von de veerte Etaasch (etage) daal full. Dat weer een Mallöör (malheur) un partu (partout) keen PlĂ€seer (plaisir). He sĂ€ “Pardong” (pardon) in den Momang (moment) un weer nu op ’n Kiewief (“Qui vive” – Losungswort). Die französische Endsilbe “-age” hören wir in Wörtern wie Kledaasch und Packelaasch. Un ik segg nu tschĂŒĂŒĂŸ (adieu).

Lektion 30: Personal-Pronomen

Pronomen, wörtlich aus dem Lateinischen ĂŒbersetzt sind FĂŒrwörter. “För alle Naams, un LĂŒĂŒd, un Saken nehmt Se een lĂŒttet Woord.” Hier einige Bespiele: “Kathrin sĂŒht Hinnerk. Se sĂŒht em.” “De Schoolmester fragt de Kinner. He fraagt jem.” “De Spegel is twei. He is twei.” Jeder von uns kann die Personal-Pronomen auf Hochdeutsch runterrappeln: ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie. Das geht auch auf Platt: ik, du, he, se, dat, wi, ji, se. Wenn das FĂŒrwort fĂŒr ein Hauptwort im Dativ oder Akkusativ steht, gibt es auf Platt nur jeweils ein Wort: mi, di, em, ehr, dat, us, jo, jem. Ein Reflexiv-Pronomen bezieht sich als Objekt des Satzes immer auf das Subjekt. “Ich schĂ€me mich. Ik schaam mi. Du schaamst di. He schaamt sik. Wi schaamt us. Ji schaamt jo. Se schaamt sik.” Nach einem leckeren Aal-Essen prostet man sich mit einem Löffel Kööm gern so zu: “Ik se di. Dat freut mi. ik suup di to. Dat do. Ik hebb di tosapen. Hest den rechten drapen.” Un denn ward de Leepels ĂŒmdreiht, un daar dröfft keen Druppens mehr daalfallen.

Lektion 31: Pluralbildung

“Mehr” ist ein Wort, das immer wieder zu Höchstleistungen antreibt: mehr Geld, mehr Macht. Bei der Mehrzahlbildung gibt es im Hochdeutschen mehrere Möglichkeiten, im Plattdeutschen aber noch mehr. So verĂ€ndert sich in einigen FĂ€llen bei der Mehrzahl das Wort nicht: “Een Fisch – twee Fisch, een StĂŒck – dree StĂŒck”. HĂ€ufig wird ein “-en” oder “-n” angehĂ€ngt: “Een Straat – veele Straten, een Appel – veer Appeln.” Dabei wird der harte Laut machmal am Ende weich: “De Tiet – de Tieden.” Eine andere WortverlĂ€ngerung wird mit “-er” gebildet, zusĂ€tzlich wird manchmal aus einem langen “o” ein “ö”: “Een Ei – teihn Eier, dat Book – de Böker.” Schließlich wird einfach ein “-s” angehĂ€ngt: “Een Deern – twee Deerns, een Jung – dree Jungs.” Die VerĂ€nderung des Selbstlautes ist eine weitere Pluralbildung: “Een Boom – veele Bööm, een Schipp – veele Scheep, een Dag – twee Daag.” Bei Wörtern, die auf “-nd” enden, wird in der Mehrzahl ein “-nn” daraus: “Een Kind – twölf Kinner, een Hand – twee Hannen.” Schließlich gibt es noch die Pluralbildung mit “-lĂŒĂŒd”: “SeelĂŒĂŒd und MuerlĂŒĂŒd sĂŒnd meist MannslĂŒĂŒd, keen FruunslĂŒĂŒd.

Lektion 32: Possessiv-Pronomen

Mein und Dein zu unterscheiden lernen wir von Kindesbeinen an. Denn wer das nicht kann, gerĂ€t recht schnell in Konflikt mit seinen Mitmenschen. “Mein Auto, mein Haus, meine Yacht, mein Pool!”: wer so auftrumpfen kann, glaubt dass er es geschafft hat. NatĂŒrlich gibt es auch im Plattdeutschen die Possessiv-Pronomen, die zur KlĂ€rung der BesitzverhĂ€ltnisse erforderlich sind. “Ik – mien, du – dien, he – sien, se – ehr, dat – sien, wi – us, ji – jo, se – ehr”. Als ich einmal mit einem befreundeten Bauer durch seine Felder ging, um seine Ernte zu bestaunen, kam promt mit einer ausholenden Geste der Satz: “All mien!”. Bescheidener und sympathischer klingt dann schon: “Wat mien is, schall uk dien ween.” Damit werden aber wohl viele ĂŒberfordert sein. Ganz alltĂ€glich heißt es dann: “Mien Vadder geiht mit sien Fro in us Goorn spazeern.” “An us Strand hebbt vele LĂŒĂŒd ehr BadtĂŒĂŒch an, un ji sitt in jo Strandkorf”. Wenn jemand auf Plattdeutsch ganz deutlich herausgestellt haben möchte, wem etwas nun gehört, dann sagt er mit Nachdruck: “Dat is mien sien!” oder “Dat is dien sien!” Dann ist das ja schon mal geklĂ€rt!

Lektion 33: Obst und GemĂŒse

Die meisten Obst- und GemĂŒsesorten lassen sich aus dem Hochdeutschen gut ĂŒbersetzen, und sind durchaus verstĂ€ndlich, wenn sie auf Platt” ausgesprochen werden.
Dor gifft dat ‘n ganzen Barg von, watt wi kennt un ok bi uns op ‘n Disch kummt. Ik will nun mol ‘n poor uptelln. Appelsina, Appel, Beer, Plumm, Brommelbeer, Zitroon, Kiwi, Kassbeer (Kirsche), Eerdbeer, Stickbeer, Jehannsbeer, Banan. To dat GrööntĂŒĂŒch (GemĂŒse) hört Bohn, Arft, Gröönkohl, Sellerie, Wuttel, Swattwuttel, Rotkohl, Bruunkohl, Wittkohl, Spargel, KantĂŒffel, Petersill, or Linsen.

Lektion 34: PrÀpositionen 1

Wer mit wem ein VerhĂ€ltnis hat, ist fĂŒr manche höchst interessant. Um darĂŒber eine Aussage machen zu können, in welcher Beziehung Personen, Sachen, Orte oder Zeiten zueinander stehen, brauchen wir die PrĂ€positionen, auf Deutsch VerhĂ€ltniswörter, auch im Plattdeutschen. “Dat Auto steiht op de Straat. De Voss löppt dör dat Holt. De Deern geiht mit den Jungen. Ik speel gegen di Football. He is vör mi an de Reeg.” Im Hochdeutschen fordern PrĂ€positionen entweder den Genetiv, den Dativ oder den Akkusativ, auf ein VerhĂ€ltniswort in Platt folgt immer der 4. Fall (Akkusativ). Das kann inhaltliche MißverstĂ€ndnisse ergeben: “Ik gah in dat Water” kann heißen: “Ich gehe in das Wasser (Richtung)”, aber auch “Ich gehe im Wasser (Ort). Vermeiden kann man diese Doppelbedeutung durch eine ErgĂ€nzung zum Verb: “Ik gah in dat Water rin. Ik loop ĂŒnner de BrĂŒgg dör”. Im Hochdeutschen wird oft PrĂ€position und Artikel zusammengezogen: in dem – im, an das – ans, zu der – zur. In Platt wird der verkĂŒrzte Artikel mit einem Apostroph angehĂ€ngt: “Ik gah in’t Water. De Voss löppt dör’t Holt. Ik kaam nu to’n Sluss”.

Lektion 35: PrÀpositionen 2

Ein VerhĂ€ltnis zwischen zwei Personen kann manchmal schwierig oder spannend oder besonders sein. So gibt es auch bei den VerhĂ€ltniswörtern im Plattdeutschen einige Besonderheiten. Wenn ich mich irgendwo hin begeben will, sage ich im Hochdeutschen bei Personen “zu”: Ich gehe zu meinem Freund, bei Orten oder GebĂ€uden “nach”: Ich fahre nach Bremen. Im Plattdeutschen sagt man immer “na”: Ik loop na Huus, ik fohr na Oma, ik gah na den Koopmann. FĂŒr die PrĂ€position “zwischen” gibt es in Platt zwei Wörter: “mank und twĂŒschen”. Wenn es sich um eine grĂ¶ĂŸere Anzahl handelt, sagt man: “Ik stah mank de LĂŒĂŒd.” Handelt es sich aber nur um zwei Dinge oder Personen, heißt es: “He sitt twĂŒschen de Stöhl.” Schließlich gibt es noch Redewendungen und feststehende Verbindungen, bei denen die VerhĂ€ltniswörter eine weitergehende und besondere Bedeutung haben. Er singt gerade: “He is an’t Singen”. Er hat es bald geschafft: “He is dor bald mit dör.” Plattdeutsche sind stets verlĂ€sslich: “Dor kannst op af”. Un wenn een beter platt snacken kann as ik, den segg ik: “He is mi över.”

Lektion 36: Spielsachen

Spielsachen (SpeeltĂŒĂŒch) gibt es in HĂŒlle und FĂŒlle. Ob zu Weihnachten oder zum Geburtstag sind die KinderwĂŒnsche groß. Eenfach is dat bi ’n Ball, de heet ok op Platt Ball. Anners: HĂ€ufig lassen sich die Begriffe leicht vom Hochdeutschen ableiten – wi Billerbook = Bilderbuch, or Fohrrad = Fahrrad, Footballspeel = Fußballspiel, Handschen = Handschuh, SpeeltĂŒch ut Holt = hölten, Keed = Kette, Kledaasch = Kleidung, Marmel = Murmel, Poppenstuuv = Puppenstube, Poppenwagen = Puppenwagen, Boord = Regal, SchĂŒffel = Schaufel, Springtau = Springseil, Pett-Auto = Tretauto.

Lektion 37: Regionale Vielfalt des Plattdeutschen

Plattdeutsch ist kein Dialekt wie Bayerisch oder Hessisch, sondern eine eigene Sprache. Sie wurde 1999 in die EuropĂ€ische Charta der Regional- und Minderheitensprachen aufgenommen. Zur Zeit der Hanse war Plattdeutsch die beherrschende Sprache in Nordeuropa. Wie alle Sprachen verfĂŒgt auch das Plattdeutsche ĂŒber Dialekte, die sich regional unterscheiden durch die Aussprache, die Schreibweise, den Wortschatz und den Satzbau. Bei uns wird NordniedersĂ€chsisch gesprochen. Es erstreckt sich vom Oldenburger Land, das Elbe-Weser-Dreieck, Bremen, Hamburg bis nach Holstein. Innerhalb dieses Gebietes gibt es von Dorf zu Dorf Unterschiede in Aussprache und Wortwahl. Nach Westen schließt sich das Ostfriesische und EmslĂ€ndische an, nach SĂŒden das WestfĂ€lische und das OstfĂ€lische, nach Norden das Schleswigsche und nach Osten das Mecklenburg-Vorpommersche. “Das MĂ€dchen spricht” heißt dann in NordniedersĂ€chsisch “De Deern snackt”, in Ostfriesisch “Dat Wicht praat”, in WestfĂ€lisch “Dat Loit kĂŒert” und in Mecklenburgisch “De Diern spreekt.”

Lektion 38: TÀtigkeitswörter in der Gegenwart

Die Menschen teilen wir hĂ€ufig ein in “das schwache” und das “starke Geschlecht”. Dabei meinen wir Frauen und MĂ€nner, sollten uns aber bewusst sein, dass es auch starke Frauen und schwache MĂ€nner gibt. Das ist bei den TĂ€tigkeitswörtern (Verben) anders. Im Hochdeutschen wie im Plattdeutschen sind Verben schwach, wenn bei den Personalformen (Konjugation) sich der Wortstamm nicht verĂ€ndert z.B. “ik maak, du maakst, he maakt, wi maakt, ji maakt, se maakt”. Bei den starken Verben gibt es in der 2. und 3. Person Einzahl eine Änderung des Vokals im Wortstamm, z.B. “ik loop, du löppst, he löppt, wi loopt, ji loopt, se loopt”. Anders als im Hochdeutschen – hier machen es sich die Plattdeutschen wieder mal einfacher – kennen sie fĂŒr die Mehrzahl nur eine Endung, nĂ€mlich –t. Hier weitere Beispiele. Schwaches Verb: “ik sitt, du sittst, he sitt, wi sitt, ji sitt, se sitt.” Starkes Verb: “ik gah, du geihst, he geiht, wi gaht, ji gaht, se gaht”. SĂŒhst woll:
Platt snacken is gor nich so swoor.
Troo di man! Kummst al kloor.

Lektion 39: Verben und Substantive

Plattdeutsch klingt anders als Hochdeutsch, klar! Aber ein weiterer Unterschied fĂ€llt auf: Was die Plattdeutschen mit Verben (TĂ€tigkeitswörtern) ausdrĂŒcken, erklĂ€ren die Hochdeutschen gern mit einer HĂ€ufung von Substantiven (Hauptwörter). Solche Substantivierungen sind alle die Wörter mit – ung, -keit, -heit, -nis am Ende. Den Satz “Die Bedeutung einer erneuten Steuererhöhung nach Ablauf eines halben Jahres liegt außerhalb seiner Verstehensmöglichkeiten” wĂŒrde ein Plattdeutscher in etwa so ausdrĂŒcken: “Dat se de StĂŒern na een half Johr al wedder ropsetten willt, dat kann he partu nich verstahn”. Bei einer “VergrĂ¶ĂŸerung” wird auf Platt “wat gröter maakt”, eine “TĂ€tigkeit” fĂŒhrt aus, wenn “he weet, wat to doon is”. Bei einem “BedĂŒrfnis” “geiht een na Tante Meyer” und “Dummheit” bedeutet “de is man wat dösig”. Nach einer “Verzeihung” “sĂŒnd se wedder goot miteenanner” und “Schnelligkeit” heißt, dass “een gau lopen kann”. Die “Seltenheit” “kummt af un an mal för” und eine Person von großer “Vergesslichkeit” ist “een vergeten DröömbĂŒdel”.

Lektion 40: Vorsilben

“Das musst du mir mal erklĂ€ren!” heißt auf Plattdeutsch: “Dat mußt du mi mal verkloren!” Bei einer Reihe von TĂ€tigkeitswörter, die im Hochdeutschen die Vorsilbe “er-” haben, benutzt man in Platt die Vorsilbe “ver-“. “Vertell (erzĂ€hle) mal, hest di verköhlt (erkĂ€ltet)! Denn mußt du di’n beten verhalen (erholen).” Und ein anderes Beispiel: “Mann wat hebb ik mi verjaagt (erschreckt), as ik hört hebb, dat dien Koh versapen (ersoffen) is.” Bei den andere Verben mit Vorsilben werden diese wie im Hochdeutschen gebildet: “Anziehen – antrecken, aufmachen – opmaken, durchsagen – dörseggen, ĂŒbersetzten – översetten, einkaufen – inkopen” Auch die Vorsilbe “ver-” kann erhalten bleiben: “Vergessen – vergeten, verdrießen – verdreten, verlieren – verleren.” Eins sollten wir uns zu Herzen nehmen un nienich vergeten: “Dat is verlöövt (erlaubt), op’t Amt dien Saak op PlattdĂŒĂŒtsch to vertellen (erzĂ€hlen), uk wenn de Amtmann or Amtfro sik verjagen (erschrecken) kunn.”

Lektion 41: Rezepte/Gerichte

Die Leibgerichte sind von Mensch zu Mensch, aber auch von Region zu Region unterschiedlich. Das gilt auch fĂŒr Back- und Kochrezepte, beispielsweise fĂŒr Omas Kuchenteig oder Tante Lottes Sauerbraten.
Allgemeen ward seggt: Eeten ward dat, wat op ‘n Disch kummt. Dat den een or annern wat besonners goot smecken deit, wo he na giert, versteiht sik von sölbens. Ik mach geern Swattsuur – anner LĂŒĂŒd löppt dat kolt över ‘n RĂŒĂŒch, wenn se dat hört. Overs Speck un KlĂŒten, Gröönkohl, Haxen or Iisbeen mit Suurkruut, BuernfröhstĂŒck or Arfen mit Schinken un junge KantĂŒffeln mach ik ok. Un natĂŒrlich Fisch: Gnoot smeckt to jede Johrestied, mi am leevsten, wenn de Dannen gröön sĂŒnd, eben jĂŒmmers, Schulln un Matjes in ‘n Mai am besten. Ool mach ik ok geern. Mi is dat egol, op se brad, röökert or in Suur leggt sĂŒnd.

Lektion 42: Aussprache

Von Gebiet zu Gebiet hört sich jede Sprache ein wenig anders an – auch unser Hochdeutsch. Höör maal to, wenn LĂŒĂŒd ut Hamborg, Hessen un Baden hoochdĂŒĂŒtsch miteenanner snackt. Daar kannst du nipp un nau ruthören, woneem de tohuus sĂŒnd. WorĂŒm schall dat in us Platt anners wesen? Snack free von de Lebber weg, aver schriev keen Privaatplatt (phonetisch). Höörn kannst in Hooch un Platt faken nich, wo dat schreven warrt. Bi “geven” un “Segen” höört wi een “g”, aver bi “wenig” klingt dat bi den een as “k” (wenik) un bi den annern as “ch” (wenich). In Platt warrt dat “g” an’n End von een Woort jĂŒmmer as “ch” spraken, to’n Bispeel bi “de Weg” (Wech). Bi “Giro”, “Genie”, “Blamage” is een “sch” or “dj” to höörn, aver schrieven doot wi “g”. JĂŒst so verdwars is dat bi anner Bookstaven, to’n Bispeel “Tag”, kann sik anhöörn as “Taak” or uk as “Tach”. Un is keen Ünnerscheed bi “Achsel” un “Axel” to höörn. Bi Hexe aver schrievt un snackt wi “x”. Dat findt ik “schick”, Ă€h “chic”. Ik bĂŒn denn eerst maal weg (spraken: wech).

Lektion 43: In der Autowerkstatt

Unser Nachbar hat eine Reparaturwerkstatt fĂŒr Autos. AuffĂ€llig ist, dass an allen ArbeitsplĂ€tzen die Altgesellen nur Platt sprechen.
“Snackt nich so veel, in unse Warksteed ward nich snackt, dor ward arbeit”, schimpfte einmal der Meister, “man to, man to. De LĂŒĂŒd von ’n langen Diek mööt den Wogen waller trĂŒch hem. Hannes, du schasst man gau nee Reifen optrecken.” Ein Kunde jammerte: “Wenn blots de Sprit nich so dĂŒĂŒr wörr.”
Der Meister ruft den Lehrling: “Kumm mol gau her. Pack den Stroomwieser, de grode Schruuv, de Sliep- un Bohrmaschien, de Knieptang, de Veerkantslötel un den Wogenhoochdreiher in de grode Kist.”

Lektion 44: Schifffahrt

Wenn ’n Mannsminsch ut OsnabrĂŒck no Bremerhaven kummt, von dor ut mit en Schipp ’n KrĂŒĂŒzfohrt no Skandinavien mookt, denn kann he wat beleven.
“As wi Klock tein an Bord unse FröhstĂŒck kregen harrn, gung de Reis los. Achter den Hochweg-LĂŒchttoorn gung unse Schipp jĂŒmmer gauer op un dol. Mi hett dat Schuckeln over nix utmokt”, vertell de Mann ut OsnabrĂŒck. Loter wörr dat fein an Bord, denn dor geev dat jĂŒmmer wat to kieken. Eendoon op dat nu StĂŒĂŒr- orer Backboord wörr.  Avends mĂŒssen de LĂŒĂŒd an Bord um Klock söven no jeden Landgang waller an Bord wesen. Denn geev dat en dĂ€nisch Avendeeten. Ik bĂŒn fröh in de Puuch (Bett) gohn, over foken ins gung dat los. Ik harr lange Tied bi “Tante Meier” (Toilette) nödig. As wi waller in Bremerhaven wörrn, heff ik in ’n Fischereehaven von Bremerhaven Seetungen, Heringen un Knaat eeten.

Lektion 45: Feiern mit der Verwandtschaft

Vondoog is Geboortsdag in Diekhuusen. “Koomt rin”, seggt Helke, as de halve Verwandtschop mit mol vor de Döör steiht. Kaffee un Koken stunnen al op ’n Disch.
Un denn worr dĂŒchtig snackt över al dat, wat in de Stuuv wörr. So ok över dat nee Schapp. Helga sĂ€: “Wat mi hier sĂŒnnerlich gefallt, dat sĂŒnd de Klören (Farben). Een is geel, een anner rot un de annern waller gröön. Op disse Ort kannst ni nich wat verkehrt moken mit anner Möbel oder mit de Dischdeeken.” Se hebbt nich blots snackt, nee, ok drunken. “Gifft dat noch en Kunjack?” “Warraftig”, sĂ€ Anna, un schenk noch dĂŒchtig welke in. Un an ’n End von de Fier worr waller över dat Schapp snackt. Dorto sĂ€ Anna: “Nich wiet von Ollnborg weg wohnt en Mester for Kunst. He kummt vonovend noch un will mit uns ’n lĂŒttjen drinken. Noher kann he sik dat Schapp ankieken. Mol sehn, wat he seggt.”

Lektion 46: Kledoosch

For Kledoosch gifft mĂ€nnicheen veel Geld ut. Dat gung so los: Wenn sik fröher ene Fro antrocken hett, denn worr en BH anleggt, denn wörr de UnnerbĂŒx an de Reeg, denn worrn gau de StrĂŒmp över de Fööt trocken, un denn en Ünnerkleed. Dat gung denn wieter mit en Kleed, mit Schoh un alldaags ’n Kittel. Is de Fro ut ’n Huus gohn, hett se ok mol enen Rock antrocken, ene Jack oder enen Mantel översmeten, ’n Schaal umhungen oder enen Hoot opsett.
In unse Tied is dat foken nich veel anners as bi de MannslĂŒĂŒd. Wenn de Froons sik for de Arbeit kloormoken dot, denn geiht dat so: Ünnerhemd, ÜnnerbĂŒx, StrĂŒmp, Hemd oder Bluus, lange BĂŒxen, ene Jack un ’n Poor Schoh. Alldaags treckt de LĂŒĂŒd meistensdeels ene JeansbĂŒx an un enen Pullover. Hanschen un Stevel sind goot for de Wintertied. Bi Sneetieden blievt ok de Stöckelschoh in ’t Schohschapp.

Lektion 47: Fast vergessene Begriffe

Es gibt Worte und Begriffe im Plattdeutschen, die findet man in keinem Wörterbuch, oder sie werden selten benutzt. Zum Beispiel droht das Wort Hamm fĂŒr Wiese verloren zu gehen. Man findet in plattdeutschen WörterbĂŒchern fĂŒr Wiese zumeist nur das Wort Wisch. Meine Mutter, geboren im Land Wursten, sagte frĂŒher, wenn sie zum Zahnarzt gehen musste: “Dor geiht mi de Groo vorto”. (Da geht mir das Grauen vorweg). Oder sie zitierte, wenn ich von einem Traum erzĂ€hlte, das Sprichwort: “De Droom is ’n Droch, is al sieleev so ween, un is ’t ok noch”. (Der Traum ist Betrug, ist immer schon so gewesen und ist er auch noch). Das Wort stickelhoorig (widerspenstig) hört man selten. Auch das Wort Roffel fĂŒr Spaten. In WörterbĂŒchern habe ich diese beiden Worte nicht entdeckt.
Spricht man mit einem redegewandten Kind, so sagt man: “Dat Göör is snuutig”, In keinem Wörterbuch steht snuutig. FĂŒr sauber hört man im Wurster Land heute noch vereinzelt: kittig, heute fast ein Fremdwort. Das Wort Zaun ist in jedem plattdeutschen Wörterbuch als Tuun aufgefĂŒhrt. Jedoch nicht das zwischen Weser- und ElbmĂŒndung gebrĂ€uchliche Wort: Fregen. Selten noch hört man das Wort Fenneln (niedriges Wiesenland). Zwischen Wremen und Sievern kreuzt die Verbindungstraße zwischen diesen beiden Ortschaften (die ehemalige “Specken”) im östlichen Bereich der Wremer Feldmark ein Gebiet das man “Swiesfenneln” nennt.

Lektion 48: WörterbĂŒcher, Teil 1

Es gibt eine ganze Reihe von plattdeutschen WörterbĂŒchern. Ein bemerkenswertes Nachschlagewerk, besonders fĂŒr AnfĂ€nger zu empfehlen, ist der weithin bekannte “Sass”. (Nach dem Sprachwissenschaftler Dr. Johannes Sass.) In der zweiten Auflage steht “Der neue Sass. Plattdeutsches Wörterbuch” (Plattdeutsch-Hochdeutsch und Hochdeutsch-Plattdeutsch) zur VerfĂŒgung (Wachholtz-Verlag). AusfĂŒhrlich und gute Übersetzungen. Sie berĂŒcksichtigen besonders den Wortschatz unserer engeren Heimat.
Denn gifft dat noch dat “Plattdeutsche Wörterbuch” von Wolfgang Lindow. De hett Wöör von 30 Hörspelen inbrocht. Ok to dat “Hochdeutsch-plattdeutsche Wörterbuch” (Verlag Schuster, Leer) von GĂŒnter und Johanna Harte kann ’n jo seggen.
Un de Böker, de ik nu nömen do, de gellt for enkelte BundeslĂ€nner un sĂŒnd to bruken: Beate Henning und JĂŒrgen Meyer: “Kleines Hamburgisches Wörterbuch” (Wachholtz Verlag).
Renate Hermann-Winter: “Neues Plattdeutsch- hochdeutsches Wörterbuch”, Hinstorff Verlag, Rostock. Un denn noch von Gernot de Vries: “Ostfriesisches Wörterbuch”, Schuster Verlag). Bi beide Böker markt man den Unnerscheed: en ganz annert Platt.

Lektion 49: WörterbĂŒcher, Teil 2

Das Sprechen dient dazu, dass sich Menschen verstĂ€ndigen können. DaarĂŒm: Solang dien Gegenöver versteiht, wat du seggt hest, kann dat nich verkehrt wesen! Vermengeleern (Mischen) von hoochdĂŒĂŒtsche un ingelsche Wöör höört to usen Alldag. Dat markt wi gor nich mehr. Aver fehlt us een plattdĂŒĂŒtsch Woort, denn troot (trauen) wi us nich, mehr Platt to snacken. TĂŒĂŒnkraam is dat!!Snack so, as di de Snavel wussen is! Blots wenn een wat schrieven will, schull he Regeln achten. De DUDEN regelt Hochdeutsch. För Platt kennt wi den SASS. De lett regional bedingte Ünnerschede to: fĂŒr sprechen – spreken, praten, kören, snacken; fĂŒr Gebiet – Rebeet, Kuntrei, uam. Dat Platt in de Elvmasch (Elbmarsch), Hadeln un Sietland kennt daar een “o” (Stroot), wo annerwegens dat “a” steiht (Straat).A ver hier as dor gellt, dat Wiehnachten mit “t” schreven, aver ohn “t” spraken warrt. Un aver (aber), baven (oben) un Graven (Graben) schrifft SASS mit “v”, ok wenn sik dat as een “b” anhöörn deit. Kabbelt (streitet) man noch een beten, aver vergeet dat Verdregen (Vertragen) achterna nich!

Lektion 50: Adjektive

Neudeutsch sagt man ja Adjektiv, viel passender ist das gute alte Wie-Wort. Zusammen mit dem Artikel zeigt die Endung des Adjektivs an, welche Funktion der Ausdruck um das Substantiv im Satz einnimmt. Ähnlich wie im Hochdeutschen verlangt der bestimmte Artikel andere Formen als der unbestimmte.
Es gibt natĂŒrlich Maskulinum, Femininum und Neutrum. Ein Beispiel: Singular, Nominativ: een witte Hund, de witte Hund; im Singular, Akkusativ/Dativ: een witten Hund, den witten Hund; im Plural, Nominativ: witte Hunnen, de witten Hunnen; Plural (Akkusativ/Dativ): witte Hunnen, de witten Hunnen. Dat Ganze geiht natĂŒrlich ok mit een schwatte Katt or een groot Huus.

Lektion 51: Steigerung der Adjektive

Adjektive zeichnen sich dadurch aus, dass man sie steigern kann. Die Steigerung selbst geschieht wie im Hochdeutschen und dem Englischen in zwei Stufen, dem Komparativ und dem Superlativ. Der Komparativ wird in der Regel dadurch gebildet, dass die Endsilbe -er an das Adjektiv angehĂ€ngt wird: lĂŒtt – lĂŒtter. Der Superlativ wird gebildet durch an’n …….sten: an’n lĂŒttsten. Es gibt wie im Hochdeutschen Adjektive, bei denen wird im Komparativ und Superlativ zu a, o und u auch der jeweilige Umlaut (Ă€, ö und ĂŒ) gebildet. Beispiel: jung, jĂŒnger, an’n jĂŒngsten. Außerdem gelten die Regeln der lautlichen Angleichung. So wird in der Flexion aus -nd im Auslaut ein -nn- im Inlaut: gesund – gesĂŒnner – an’n gesĂŒnnsten. GerĂ€t ein stimmloser Konsonant durch die Flexion zwischen zwei Vokale, so wird er stimmhaft gesprochen und auch so geschrieben: wiet – wieder – an’n wietsten. In einzelnen FĂ€llen verĂ€ndert sich ein langer Vokal in der Steigerung zu einem kurzen Vokal: groot – grötter – an’n gröttsten. Einige Adjektive bilden ihre Steigerungsstufen, indem sie auf andere WortstĂ€mme zurĂŒckgreifen: goot – beter – an’n besten; veel – mehr – an’n meisten; geern – lever – an’n leefsten

Lektion 52: Plattdeutsches Liedgut

“Wo de Nordseewellen trecken an den Strand”, “Dat Du mien Leevsten bĂŒst” or “Herrn Pastor sien Kauh”. Plattdeutsche Lieder gibt es wie Sand am Meer und werden auch gerne von Hochdeutschen mitgesungen, ohne dass die alles verstehen. “LĂŒtt Matten, de Haas”, ist ebenso bekannt wie “An de Eck steiht ÂŽn Jung mitÂŽn TĂŒdelband”. Wer das Lied nicht kennt, hier der Text:
An de Eck steiht ÂŽn Jung mitÂŽn TĂŒddelband
in de anner Hand ÂŽn Bodderbrood mit Kees,
wenn he blots nich mit de Been inÂŽn TĂŒddel kĂŒmmt,
un dor liggt he ok all lang op de Nees.
Un he rasselt mitÂŽn Dassel opÂŽn Kantsteen,
un he bitt sick ganz geheurig op de Tung,
As he opsteiht, seggt he: hett nich weeh doon,
ischa Žn Klacks för Žn Hamborger Jung
Refrain
Jo, jo, jo, Klaun, klaun, Äppel wĂŒllt wi klaun,
ruck zuck övern Zaun.
Ein jeder aber kann dat nich, denn he mutt ut Hamborg sien.
An de Eck steiht ÂŽn Deern mitÂŽn Eierkorf
in de anner Hand ÂŽn groote Buddel Rum.
Wenn se blots nich mit de Eier op dat Plaaster sleit,
un dor seggt dat ok al lang “bum bum”.
Un se smitt de Eiers un den Rum tosomen,
un se seggt “so’n Eiergrog den hebb ik geern”
as se opsteiht, seggt se: “Hett nich weeh doon,
ischaŽn Klacks förŽn Hamborger Deern
Refrain
Jo, jo, jo, Klaun, klaun, Äppel wĂŒllt wi klaun,
ruck zuck övern Zaun,
Ein jeder aber kann dat nich, denn he mutt ut Hamborg sien.

Lektion 53: Wer spricht Plattdeutsch?

Noch sprechen 2,6 Millionen Menschen in Norddeutschland Plattdeutsch. Vor 25 Jahren waren es allerdings noch doppelt so viele. Dabei ist zu beobachten: Auf dem Dorf wird mehr Platt gesprochen als in der Stadt. In KĂŒstennĂ€he ist Platt verbreiteter als im Binnenland. Ältere sprechen mehr Platt als JĂŒngere. Frauen sprechen mehr Platt als MĂ€nner.
Die Zahl der Platt-Versteher ist drei Mal so hoch wie die der Platt-Snacker. Plattdeutsch wird gerne gehört. Die Bereitschaft selbst Platt zu sprechen ist natĂŒrlich höher, wenn im direkten Umfeld (Eltern, Großeltern, Verwandte) bereits Platt gesprochen wird.
“Sprache kann ganz schnell verloren gehen”, sagte Niedersachsens Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) vor Kurzem. “Wir befĂŒrchten zwar nicht, dass die niederdeutsche Sprache ausstirbt. Wir mĂŒssen aber etwas dafĂŒr tun, dass junge Leute sagen, Plattdeutsch ist cool.”
Neben Norddeutschland gibt es in der ganzen Welt noch plattdeutsche Sprachinseln, zum Beispiel in Polen, der Slowakei, in DĂ€nemark, mehreren Staaten der einstigen Sowjetunion, in Nord- und SĂŒdamerika, Australien und SĂŒdafrika. Nach 1945 sind durch die Kriegsfolgen die niederpreußischen und hinterpommerschen Mundarten praktisch verschwunden.