4.25 Verben auf -ern und -eln, -sen und -schen

Die plattdeutsche Sprache besitzt einen großen Reichtum an Verben auf -ern und -eln, -sen und -schen. Die meisten Verben auf -ern und -eln deuten begrifflich schon die Wiederholung einer Handlung an (Iterativa) oder sie wirken aus eigener, innerer Kraft (Intensiva) weit stärker als die Grundwörter ohne diese Endungen, die darum auch vielfach nicht mehr in Gebrauch geblieben sind:

Verben auf -ern:

ballern (knallen, krachen, donnern)
bullern (poltern, klopfen)
bevern (zittern, beben)
bickern (hacken, hauen)
blänkern, blinkern (glänzen, funkeln)
blökern (rauchen, hell brennen, flackern)
blubbern (aufquellen, Blasen die aufsteigen)
dibbern (mäkeln)
dwallern (albern spielen)
dweitern (langsam und ziellos gehen)
dwetern (jammern, wimmern)
flubbern (?)
fluddern (flattern)
flustern (flüstern)
galstern (spucken, speien, laut lachen)
glinstern (glänzen, schnelle über Eis gleiten)
gluddern ([auf eine dumme Art] lachen)
gnaddern (knattern, knurren, nörgeln, murren)
gnegeln (geizen, verdrießlich sein)
jachtern (wild umherspringen, ausgelassen toben)
kalvern (?)
klabastern, klabistern, klabeustern, klabickern (polternd laufen, galoppieren)
klötern (klappern, klirren, rasseln)
knickern (geizen)
lungern (lauern, aufdringlich warten, faulenzen)
ningern, ninnern (weinen)
plötern (plappern, lallen)
plinkern (blinken, zwinkern)
plümpern (mit einer Stange in Wasser [oder Butter] auf und ab bewegen)
prachern (anbetteln)
raastern (andauernd sprechen, schwätzen, rasseln)
röstern (rösten)
rötern (rasseln, klirren, klappern)
saustern (schwatzen)
schechtern (umherschweifen)
schestern (schnell fahren?)
schuddern (schaudern, beben, vor Kälte zittern)
severn (sabbeln, geifern, den Speichel fließen lassen)
sladdern (schwatzen, plaudern, petzen)
sliekern (anschleichen)
slubbern (schlürfen)
smuustern (lächeln)
snatern (schnattern, plaudern)
snuckern (snuppern, spüren)
spluddern (sprudeln?)
stamern (stottern)
stökern (stochern)
tuckern (Hühner locken)
tüdern (durcheinander bringen, verwirren)
utrackern (schelten)
verbiestern (verlaufen, verirren)
verplempern (verschwenden, vergeuden, verschütten)
wöltern (wälzen)

Verben auf -eln:

jackeln (wackeln)
ampeln (strampeln)
babbeln (quasseln)
bruddeln (wirres dummes Zeug machen oder reden)
dammeln (Zeit vertrödeln, träge bei der Arbeit sein)
dröteln (zaudern)
drieseln (schlendern)
fiecheln (liebkosen, zärtlich streicheln)
grabbeln (greifen, tasten, suchend umhertasten)
gruveln (grübeln)
hacheln (hächeln, keuchen)
hucheln (lachen, kichern)
humpeln (humpeln)
jabbeln (quengeln, in weinerlichem Ton reden)
jaueln (jaueln)
jibbeln (zappeln, unruhig sein)
kabbeln (zanken, streiten)
kakeln (gackern, keifen, über jemand herziehen)
ketteln (kitzeln)
krabbeln (krabbeln)
kreteln (streiten, kritisieren)
küseln (sich im Kreis drehen)
prickeln (stechen, stochern, sticheln)
rappeln (rasseln, klappern, sich abmühen, rasch die Zunge bewegen)
röteln (rasseln, knarren, schnarren)
rekeln (räkeln?)
rummeln (donnern)
sappeln (labern, schwätzen)
schafucheln (?)
scheddeln (scheiteln)
schracheln (rauh schreien)
smusseln (die Köpfe zusammen stecken und heimlich etwas verabreden)
snaueln (durch die Nase sprechen)
snüffeln (naschen?)
spaddeln (strampeln)
strakeln (streicheln, straucheln)
tageln (peitschen)
triepeln (scheuern, durch Reiben blank putzen)
tüffeln (langsam oder dumm reagieren)
tuscheln (tuscheln)
wrangeln (zwängen, ringend am Boden wälzen, sich mit Anstrengung bewegen)
wrögeln (nörgeln)
wreveln (?)

Teilweise umschließen die Verben auf -eln auch den Nebenbegriff des Kleinlichen und Untergeordneten:

drüppeln (tropfen)
druseln (schlummern, dösen)
gnegeln (geizig sein, unmutig, mürrisch)
kröcheln (hüsteln)
muffeln (mit geschlossenem Mund langsam kauen)
mummeln (murmeln)
oppäppeln (stärken)
pöseln (langsam arbeiten)
puddeln (unbeholfen oder unsicher gehen, trippeln)
pusseln (leichte Arbeiten verrichten)
siepeln (weinen)
vergnegeln (verkrüppeln, verkümmern)

Die Nachsilben -sen und -schen tragen den Begriff einer gewaltsam, stoß- und ruckweise erfolgenden Handlung in sich:

afdacksen, afwamsen (durchprügeln)
backsen (rückwärts bewegen, Ohrfeige geben)
batsen (abstoßen, kurz abfertigen)
bumsen (dröhnend klopfen)
dunsen (dröhnen)
hapsen (schnappen)
hopsen (hüpfen)
grapsen (greifen)
gnupsen (gleiten?)
klacksen (ohne “Klack” runterfallen lassen)
knacksen (?)
nöksen (prügeln)
premsen (pressen)
quucksen (?)
ramsen (?)
rapsen (jemand etwas aus der Hand reißen)
runksen (sich hinflegeln, rangeln)
rupsen (rupfen, reißen)
sapsen (?)
afschrapsen (?)
schupsen (stoßen, schubsen)
tucksen (ruckweise ziehen)
wrucksen (immer fleißig hart arbeiten)
wupsen (Lasten heben)

(ursprünglich Abschnitt 92 in Meyers Buch “Unsere Plattdeutsche Muttersprache”)

[“?” heißt, dass ich keine Übersetzung für das Wort kenne, aber gerne welche entgegen nehme]